Andreas Broeckmann on 19 Sep 2000 13:09:13 -0000


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[rohrpost] DER STANDARD: Koalitionskrach um Public Netbase



DER STANDARD
Dienstag, 19. September 2000, Seite 8 Chronik

Koalitionskrach um Public Netbase
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VP verweigert der Wiener Internet- und Kulturplattform jede weitere
Unterstützung


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Roman Freihsl
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Wien - Public Netbase, dem international renommierten Wiener Unternehmen in
Sachen Kunst und Neue Medien, soll wieder einmal hohe Ehre zu Teil werden:
Im November soll ihm der Preis der Stadt Wien für Bildende Kunst überreicht
werden. Allein: "Es könnte durchaus sein, dass mir der Herr Stadtrat den
Preis ins Gefängnis bringen kann", fürchtet Public-Netbase-Geschäftsführer
Konrad Becker. Denn seinem Unternehmen droht bis dahin mehr als nur der
Konkurs, da seitens des Bundes fix zugesagte Subventionen gestrichen wurden
- und nun auch auf Wiener Ebene die Finanzierung wackelt. Die ÖVP legt sich
quer.

"Die Verhandlungen ziehen sich schon seit April", berichtet Becker im
STANDARD-Gespräch. Und es geht um rund fünf Millionen Schilling 363.364 ().
"Wir sind aufgrund mündlicher Zusagen Verpflichtungen eingegangen, die nun
die konkursrechtlichen Rahmenbedingungen sprengen könnten."

Begonnen habe es damit, dass die neue Bundesregierung nicht nur die
Basissubvention von zwei Millionen Schilling gestrichen habe, "sondern auch
sämtliche zugesicherten Projektgelder. Sei es nun aus dem Wissenschafts-,
Wirtschafts- oder Außenministerium." Alles zusammen rund drei Millionen
Schilling. In der Folge war ins Auge gefasst worden, dass die Stadt Wien
ihre Unterstützung ausweitet. Erst seien die entsprechenden Mittel über das
Kulturressort der Stadt Wien in Aussicht gestellt worden - dann habe es
"VP-interne Probleme" gegeben. Es folgte ein zweiter Versuch über das
Sozialressort - was erst kürzlich im zuständigen Ausschuss am endgültigen
Nein der VP scheiterte.


Häupl: "Machthybris"

So war Public Netbase am vergangenen Wochenende sogar zum Thema beim
Landesparteitag der SPÖ Wien geworden: "Die ÖVP versucht, die Wiener
Unterstützung zu streichen", hatte dort der Wiener SP-Chef Michael Häupl in
seinem Referat mitgeteilt. "Und die Begründung ist nicht, dass sie
vielleicht schlecht wären. Nein, der einzige Grund, der angegeben wird, ist,
dass sie gegen die Bundesregierung sind. Machthybris! Machthybris",
wiederholte Häupl. Es gelte "einmal mehr, den Anfängen zu wehren".


Görg: "Blödsinn"

"So ein Blödsinn", wehrt sich der Wiener Vizebürgermeister Bernhard Görg
(VP). "Eine regierungskritische Einstellung kann niemals ein
Ausschließungsgrund für Förderungen sein." Die eigentlichen Hintergründe für
die Ablehnung der ÖVP wolle er aber vorerst nicht an die Öffentlichkeit
tragen - sondern noch mit der SPÖ ausdiskutieren: "Solange ich keine
offizielle Stellungnahme von der SPÖ habe, bin ich nicht bereit, dazu etwas
in der Öffentlichkeit zu sagen."

Eines stehe für ihn aber fest: "Für uns ist es absolut unvorstellbar, dass
Public Netbase eine Förderung bekommt. Und das ist auch keine Angelegenheit
des koalitionsfreien Raumes", droht Görg.

Sprich: Sollte sich die SPÖ eine andere Mehrheit mit LiF und Grünen suchen,
droht der Koalitionszwist um Public Netbase richtig zu eskalieren.

Dies alles in Kombination mit dem vom Museumsquartier aufgekündigten
Präkarium und einer vom Bund initiierten Betriebsprüfung - "wir sind ein
gutes Beispiel für den Weg von Diffamierung über Kriminalisierung und
Schikanierung zur Ruinierung", resümiert Becker.
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