Peter C. Krell on 15 Dec 2000 22:55:34 -0000 |
[Date Prev] [Date Next] [Thread Prev] [Thread Next] [Date Index] [Thread Index]
[rohrpost] (fwd) -__- a vibrant cubistic infospace !!! |
------- Forwarded Message Return-Path: peter.krell@4content.de Delivery-Date: Fri Dec 8 12:01:51 2000 Return-Path: <peter.krell@4content.de> Received: from mail.get.xs2.net (GOT.XS2.NET [209.48.2.39]) by mail.lokmail.net (8.9.3/8.9.3) with ESMTP id MAA11215 for <suct@lokmail.net>; Fri, 8 Dec 2000 12:01:50 -0500 Received: from mout1.freenet.de (exim@mout1.freenet.de [194.97.50.132]) by mail.get.xs2.net (8.8.8/8.8.8) with ESMTP id MAA12954 for <designs@suct.com>; Fri, 8 Dec 2000 12:01:07 -0500 (EST) Received: from [194.97.50.136] (helo=mx3.freenet.de) by mout1.freenet.de with esmtp (Exim 3.20 #2) id 144QtI-0002im-00 for designs@suct.com; Fri, 08 Dec 2000 18:01:00 +0100 Received: from a08d3.pppool.de ([213.6.8.211] helo=proxyplus.universe) by mx3.freenet.de with esmtp (Exim 3.20 #2) id 144QtE-0000kH-00 for designs@suct.com; Fri, 08 Dec 2000 18:00:56 +0100 Received: from 192.168.11.12 by Proxy+; Fri, 08 Dec 2000 17:00:38 GMT From: "Peter C. Krell" <peter.krell@4content.de> To: <designs@suct.com> Subject: WG: a vibrant cubistic info-space Date: Fri, 8 Dec 2000 18:00:37 +0100 Message-ID: <NEBBLBFDGLGLFBMJKBPBOEKPCCAA.peter.krell@4content.de> MIME-Version: 1.0 Content-Type: text/plain; charset="iso-8859-1" Content-Transfer-Encoding: 8bit X-Priority: 3 (Normal) X-MSMail-Priority: Normal X-Mailer: Microsoft Outlook IMO, Build 9.0.2416 (9.0.2910.0) Importance: Normal X-MimeOLE: Produced By Microsoft MimeOLE V5.00.2615.200 - -----Ursprüngliche Nachricht----- Von: Peter C. Krell [mailto:peter.krell@4content.de] Gesendet: Freitag, 8. Dezember 2000 17:33 An: ab@transmediale.de Betreff: a vibrant cubistic info-space Liebe Susanne, Lieber Andreas, vielen Dank fuer Eure Mail. Ich kann verstehen, dass Ihr zur Zeit sehr im Stress seid. Daher will ich mich kurz fassen. Nun, was hat der von mir geplante Workshop oder Beitrag zum Festival Transmediale 2001 mit Medienkunst zu tun und wie laesst sich so etwas in das Programm mit einbinden. Das sind, glaube ich, Eure beiden wesentlichen Fragen im Bezug auf den von mir angebotenen Themenkreis. _-______-_______-______ Ich denke, es koennte strategisch guenstig sein, innerhalb des diesjaehrigen Festivals einen Beitrag zum Thema der Verclusterung in crossmedialen, technologisch augemntierten Diskursen zu bringen. Die Kuenste als Diszplinen immer im Randbereich des Rationalen lokalisiert, haben schon versucht, das un-hörbare, das un-sichtbare, das un-abbildbare abzubilden, darzustellen, anderen Menschen zu vergegenwaertigen. Das Unabbildbare ist so zu einem Strategem der Wahrnehmung geworden im Diskurs der Kunst. Im Zuge der globalen Vernetzung von kommunikationsaugmentierenden, technischen Medien haben sich die Voraussetzungen verbessert, das Unabbildbare zu approximieren (vgl. dazu "la différance" von Derrida). Die gewonnen Daten und Forschungsergebnisse lassen sich nur muehsam verwalten. In der Praxis sind wir an einem Punkt angelangt, wo die bisherigen Medien und die Lebenszeit von Menschen nicht mehr ausreichen, einen einzigen Aspekt des menschlichen Lebens in all seinem komplexen Rasterbezuegen auch nur annaehernd zu verstehen. Vielleicht tut dies auch nicht not. Die Daten werden also gefiltert. Beim Prozess der Filterung entstehen neue Produkte von Informationen. Ihrerseits, Derivate von technischen Maschinen und Messinstrumenten. Die Informationen, die uebermittelt werden koennen, beziehen sich immer auf eine Erwartungshaltung eines imaginierten Rezipienten und dessen Umfeld. Dieses ist dem herrschenden Vorurteil nach in seiner angeblichen empirischen Domestizierung ein mediales Apriori unserer Gesellschaft und laesst sich nur vor einem medientechnisch herausgebildeten Erfahrungshorizontes vorstellen, in monofurkaler, monodirektionaler Tradition. Dabei koenne man sich nur sehr schlecht auf mehrere Informationsangebote zeitgleich konzentrieren. Dabei kann ich beim Radiohoeren auch E-Mails lesen, waehrend ich mich im kommunikativen Kontext mit anwesenden Mitmenschen befinde und hin und wieder auf einen Monitor einen Blick werfe. Ich kann auch mit mehreren Menschen gleichzeitig sprechen und auf sie eingehen. etc. Realitaet an sich ist ihrem Wesen anch multimedial. Worauf ich abheben moechte: - - Portabele Informationstechnologien werden immer kleiner, vielseitig anwendbarer, guenstiger und dadurch auch verfuegbarer. Eine mobile next Generation wird marketingtechnisch herangezuechtet. Sie entwickeln ihr eigenes Konzept einer medientechnisch augmentierten Realitaet, die sich von derjenigen der Videokunst unterscheidet. - - Es kommt zu einem medientechnisch evozierten Paradigmenwechsel im zwischenmenschlichen, kommunikativen Umgang. Dies aessert sich auch im Jargon des Alltags. - - Wissensvermittlungsstrategien verfolgen, seit Aristoteles immer ein Ziel: sie wollen informieren und zwar zum Nutzen des Informierenden, ohne dass die diskursbedingenden Techniken dabei wesentlich in Erscheinung treten sollen. Seit nun mehr hundert Jahren werden im Film und seit ueber fuenfzig Jahren im Fernsehen immer wieder Dramaturgien umgesetzt, die sich auf Texte zuruecklesen lassen. - - So wie einst ein Rapsode, kann bei einem Vortrag immer nur ein einziger Redner zur Zeit sprechen, sonst wird es unverstaendlich. Wenn aber zeitgleich emails versendet werden und ein Publikum also in Realtime eine Feedback-Funktion hat zum Sprecher erweitert sich der Kontext in dem Moment, in dem ich die gesendeten Nachrichten auf einem Bildschirm projiziere. Darauf koennen ebenfalls wiederum Menschen reagieren, ihre Feedbacks koennen in einem groesseren Kontext projiziert werden, etc. Zusaetzlich koennen Toene (von Handys etc.) zur nonverbalen Kommunikation, beim Zitieren einer Melodie etc. in einen kommunikativen Kontext implementiert werden. Dadurch veraendert sich das Sprechen, aber auch die Moeglichkeit darueber zu sprechen. - - Aber auch auf Seiten der Sender veraendert sich etwas. Martin Burkhardt erzaehlte bei der letzten Interface5, dass er sich ein Interface ueberlegt habe, das unter benutzung von Spracherkennungssoftware sprachgesteuert Makros triggert, die ihrerseits wiederum Bilder, Toene, Videos, etc. sein koennten. Beim Erzählen einer Geschichte also, koennten aus verschiedenen Ebenen Erzaehlvorgaenge ausgeloest werden. Ein filmischer Stoff muss nicht mehr zwangslaeufig nur innerhalb eines einzigen Carrés inszeniert werden. - - Dies erfordert neue Dramaturgien. Die Geschichte ist am Ende. An die Stelle der heutigen Medien tritt ein zeitloses Netz in ubiquitaerer Ausbreitung mit neuen Interfaces. Augmented Reality wird sich ueber den Erdball ausbreiten und neue Formen des zwischenmenschlichen Erlebens zeitigen. Dies wird zu neuen Koerperbildern und - verstaendnissen aber auch zu voellig neuen dramaturgischen Konzeptionen fuehren. Oder vielleicht auch zu etwas ganz anderem. - - Die Vermultiplexung der Sende- und Feedback Ebenen kann zielgerichtet gelenkt und zur Generierung neuer effizeinterer Wissensvermittlungssysteme innerhalb ihrer globalen Vernetzung genutzt werden. Dies zu vermitteln ist mein Anliegen. Dazu sollen neu entwickelte Interfaces, Softwaretools und die medialen Wurzeln der Entwicklung entwicklungsgeschichtlich vorgestellt werden, nichtzuletzt, um KuenstlerInnen zum kritischen Denken der technologischen Diemensionen und Grenzen unserer globalen Kultur anzuregen. Die mit dieser Konzeption verbundene konzeptionelle Blindheit gegenueber der eigenen Blindheit halte ich in ihrer utopischen Hoffung auf einen Erhalt von demokratischer Kultur und den damit verbundenen Werten, neben den von Paul Garrin immer wieder unternommenen Versuchen, innerhalb eines kommenden medialen Ueberwachungsstaates noch subversive Freiraeume sich zuerhalten, fuer durchaus ueberbrueckbar. Aber auch nur dann, wenn man sie wie bei dieser hiervorliegenden Approximationen der Realitaet, selbst thematisiert. Picasso forderte vom Kubismus nicht, dass er jenseits seiner Koerperlichkeit als eine reine "formale Sprache" verstanden werden solle. Er beschrieb vielmehr eine mathematische Figur. Dieses Denkkonstrukt ist von Duchamp dynamisiert worden. Ich glaube, dass es an der Zeit ist, sich im 21. Jahrhundert vom Zeitalter der monofurkalen Perspektivizitaet in allen Medien zugunsten von verclusterten Multistreams zu distanzieren und von jeglicher Betrachtung Abstand zu nehmen, besonders, wenn sie in Textform verfasst ist. Ganz im Sinne von Heidegger sind unsere Konfigurationen des Denkens in ihrer Zeitlichkeit zu jedem Zeitpunkt ihrer medientechnischen Manifestation ueberholbar, evaluativ opperativ optimierbar und dennoch brauchen wir zu unserer Verstaendigung Redundanzen (z.B. sind Koerperbezuege beim Formulieren von mathematischen Theoremen schwerer Herzustellen als in Sprache). Unsere Kinder (und Geisteskinder) werden einmal zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens viel mehr Wissen verwalten, als wir uns jetzt noch vorstellen koennen. ___-_-_-_-_-_________ Mein Beitrag moechte sich als Hinweis auf diese Problematik verstehen, gewissermaßen die Initiative ergreifen, in dem das Wort den Medien selbst erteilt wird, er moechte sich als ein Referat innerhalb einer anderthalbstuendigen Veranstaltung zu diesen Themenbreich ausnehmen und Meinungen von Entwicklern und Machern zu diesem Thema zum Fließen zu bringen. Ob dies schon medientechnisch so aufwendig, in der von mir hier vorgestellten Art und Weise sein muss, beweist diese E-Mail: es muss nicht sein. Denn dieses Sprachmedium ist schon eine tolle Sache, aber selbst wenn sie Gott gegeben ist, sie ist in einem globalen Kontext nicht immer sehr konfortabel. Zumindest nicht um damit metaphysische Wahrheiten und Emotionen auszudruecken innerhalb eines technisch dominierten Herrschaftsapparates. Vielleicht liesse sich dies ja aendern. Schoenen Gruss Peter Krell ------- End of Forwarded Message ___-__-_______-:-________-__-_______-:-________-__-________-:-______-__-__ commerical avatar clothes @ suct.com also check: alrt.de (gruesse an maiko) ;> ---------------------------------------------------------- # rohrpost -- deutschsprachige Mailingliste fuer Medien- und Netzkultur # Info: majordomo@mikrolisten.de; msg: info rohrpost # kommerzielle Verwertung nur mit Erlaubnis der AutorInnen # Entsubskribieren: majordomo@mikrolisten.de, msg: unsubscribe rohrpost # Kontakt: owner-rohrpost@mikrolisten.de -- http://www.mikro.org/rohrpost