matze.schmidt on 18 Feb 2001 20:57:15 -0000


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Re: Re: [rohrpost] Willkommen bei Adobe [sic!]


At 12:30 18.02.01 +0100, Stefan Heidenreich wrote:
>> HTML-head der Page http://www.suchbilder.de/programm/nparks.html:
>(...)
>>                 <title>Willkommen bei Adobe GoLive 5</title>
>> 
>> [sic!]
>
>
>Danke für den Hinweis.

Bitte. &: aus deiner AW lese ich, sorry, eine aehnliche Semiarroganz heraus
wie aus dem laecherlichen aber symptomatischen Streit zwischen Hans Dieter
Huber, Dr. Reinhold Grether und den betacity-BetreiberInnen um die
Copyright-Claims. Waehrend die grundsaetzliche Disposivitaet des
Maschinellen laengst erkannt ist, ergeht man sich im Betonieren des
Erkenntniskatalogs. Remember Negativeland!
Die Frage dreht sich dabei nicht um die Wichtigkeit in der Qualitaet einer
'Nachricht' sondern um ihre Praesenz. Die von dir angesprochene
"copy-paste-Gymnastik" mit ihrer textuell affirmativen Ironie wird ja eher
in Listen wie der asco-o <asco-o@o-o.lt> gepflegt, was - und das ist der
Anspruch - den deutschprachigen Listen sehr gut tun wuerde.

Ich wuerde da halb d'accord gehen mit Florian Cramers "Wir brauchen daher
keine Medientheorie, sondern eine Semiotik des Netzcomputers." (-> sein
Beitrag zur Three Minutes of Theory i.d. rohrpost vom 11 Feb 2001). Das nun
vorschnell als "theoretischen Rückschritt" zu identifizieren, waere
wiederum regressiv, da jeglicher theoretischer Ansatz auf eine inhaerente
Hermeneutik angewiesen ist, will sagen, Theorieproduktion entkommt dem
shared symbolic system auf ihrer Ebene - der Textproduktion als medialem
Tool fuer gedankliche Repraesentation - nicht! Vielmehr mueszte es jetzt
darum gehen, die eigenen historisch-modischen Anteile des
diskursanalytischen Ansatzes, wie er auf die Bedingungen und Moeglichkeiten
der digitalen Medien uebertragenen wurde, zu sehen und mit ihnen zu
arbeiten. Auszerdem bin ich - beim Stichwort Regress - sehr fuer
Retrobewegungen.

Ich sehe auszerdem nicht, dass Semiotik "Prozesse in Datenströmen unterhalb
der Bedeutungseffekte ausblendet", im Gegenteil, der semiotische Versuch
war immer auch Prozess- und Strukturkritik, indem Textuelles ALS techne
begriffen wurde (Zaubername Derrida). Was die Archeologie der Medien und
Maschinen betreibt (oder versucht zu betreiben), ist ihrerseits eine
vermittelnde kulturtechnische Anlage, sagen wir - ganz in der Terminologie
der Technokritik - ein "Apparat", deren Protagonisten nie ganz nur dem
Datenmaterial in seiner Umgebung verpflichtet sein koennen. Wie auch, wenn
ihre Aussagen intentional gebunden sind und diese, zumal in der
Diskursschleife, einer Metaphorizitaet nie entkommen koennen. Denn auch die
selbstgestellte Aufgabe, die Geschichte der Medien zu systematisieren
verfaellt irgendwann dem Check der eigenen Konstruktion. Die Vermutung
waere gar, dass es kaum auf etwas anderes hinauslaeuft, als eine eben
semiotisch indizierte Technik-Geschichte. Mh, gut. Programmiersprachen sind
Stile... Und? Welche sozio-aesthetische Kon-Sequenz folgt dann? (<- keine
rhetorische Frage!) In welcher philosophischen Linie steht man denn dann
mit der Meta-Theorie?, etc.

Das Vorhaben "Datenströme zu beobachten" halte ich fuer ein gesundes
Quasi-Phantasma. Indem man sich metonymisch aus dem Deuten von Daten
heraushalten will, um ihr 'Wesen' zu erkennen, betreibt man es (das Deuten)
epistemologisch um so mehr, weil dabei wiederum Daten entstehen, die dann
aber sehr wohl interpretatorisch im shared space gelesen werden wollen.

>Es gibt Dinge, die sind so unglaublich und bahnbrechend, dass sie
>unbedingt auf eine Mailingliste zur Netzkunst gehören.
>
>Da genügt es nicht, info@suchbilder.de bescheid zu geben.
>

>
>
>Einen schönen Sonntag nach der copy-paste-Gymnastik wünscht

Grusz

Matze Schmidt



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