Krystian Woznicki on 4 Oct 2001 22:25:02 -0000


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[rohrpost] Fwd: Netzkultur 2.0 / Catalogue of Strategies 10.10.01




VERANSTALTUNGSINFORMATION

Im letzten Jahr gab es im Frankfurter Kunstverein die Konferenz 
"Tulipomania Dotcom", die eine Kritik zur damals noch boomenden New Economy 
formulierte. Zur Buchmesse findet jetzt eine Veranstaltung statt, die auf 
anderer Ebene an dieses Projekt anschließt:



"Netzkultur 2.0 / CATALOGUE OF STRATEGIES"

mit Petra Ilyes, Manfred Fassler, Mieke Gerritzen, Geert Lovink, Sebastian 
Lütgert, Niels Werber


Mittwoch, 10.10.01, 21 Uhr

LM Ausstellungsraum; Städelshof 6 (Frankfurt/Main)


Organisation: Andreas Kallfelz  -  T/F: 069-5978859 kallfelz@altavista.de)
Co-Producer: BIS Publishers (NL), Gingko Press (HH, Ca.)
Im Anschluss: Buchmessen-Opening-Party im Lola Montez mit DJ Bodo (Köln)
__________

…  Buch-Präsentation: Catalogue of Strategies (M. Gerritzen, G. Lovink, M. 
Bruisma; NL 2001)

Das Buch dokumentiert über einen Zeitraum von zehn Jahren die Grafik-, Web- 
und Fernseharbeiten von Mieke Gerritzen und ihren Mitarbeitern in der neu 
gegründeten Firma NL-Design. Sie hat einen außergewöhnlichen Stil geprägt. 
Worte und Sätze werden vielfach als Bildelemente eingesetzt, ganze Seiten 
und Hefte werden gestaltet aus Text. Damit verliert der Text die Funktion 
eines bloßen Kommentars, der Untermalung einer Bildbotschaft oder einer 
distanzierten Erzählung, er wird selbst zu einem Icon, zu einem Textbild, 
das einen Inhalt in eine Art Handlungsmoment umsetzt. Untrennbar sind diese 
Gestaltungsmittel mit den praktischen Kontexten verbunden, in denen sie 
sich entwickelt haben. So ist der CATALOGUE OF STRATEGIES auch so etwas wie 
ein Arbeitsbuch, wo es um die Verbindung von Inhalt, Gestaltung und 
Handlung geht und sichtbar wird, wie das Design in Kampagnen, Konferenzen 
und anderen aktivistischen Zusammenhängen eine spezifische Funktion gewinnt 
und gleichzeitig eine eigenständige ästhetische Ebene erzeugt.

…  Lectures, Talk, Images: Netzkultur 2.0


Der Niedergang der Internet-Ökonomie und die Auflösung der digitalen 
Utopien, die vor nicht allzu langer Zeit noch die Köpfe beherrschten, hat 
die Weiterentwicklung der Netzkultur nicht gegenstandslos gemacht, 
allerdings ihre Grundlage komplett verändert. Die Zukunftsphantasien von 
virtuellen Körpern und digitalen Lebenswelten sind von den profanen 
Alltagserfahrungen und den zunehmend wahrnehmbaren Problemen der realen 
Welt längst außer Kraft gesetzt worden. Gleichzeitig gewinnt das Netz als 
Feld der Auseinandersetzung auf verschiedensten Ebenen immer größere Bedeutung.

Insofern ist keine Zeit für "Netzmüdigkeit", vielmehr geht es jetzt um die 
vermehrte Beschäftigung mit dem politischen, ökonomischen und kulturellen 
Umfeld ­ netzintern wie -extern. "Netzkultur" und "Netzkritik" bilden 
gegenüber den sich etablierenden wirtschaftlichen und politischen 
Einflußsphären ein wichtiges potentielles Gegengewicht. Aber es kommt auch 
darauf an pragmatisch zu operieren und sich nicht in isolierten Enklaven um 
sich selbst zu drehen. Praktisch bedeutet das, Gestaltungsmöglichkeiten zu 
nutzen und Freiräume zu sichern, in denen eine unabhängige ästhetische und 
inhaltliche Reflexion sich ausdrücken und wirksam werden kann.

Prof. Manfred Fassler, Kommunikationswissenschaftler und Kulturanthropologe 
an der Universität Frankfurt, betreut u.a. das Forschungsprojekt 
"Cyberpoiesis", das die Sphäre der Netz-Designer, -Künstler und 
-Theoretiker und die "Ambivalenzen netzbasierter Kulturgestaltung" zum 
Gegenstand hat, und ist Mitorganisator der Konferenz "Entwerfen" (Okt./Nov. 
2001) zu neuen Wissensstrukturen.

Mieke Gerritzen gehört zu den einflußreichsten und innovativsten Grafik- 
und Webdesignern der Niederlande und realisiert ihre Arbeit in 
unterschiedlichen interdisziplinären Kontexten. Vor kurzem gründete sie 
ihre eigene Firma NL-Design. Sie ist zudem Leiterin der Design-Abteilung 
des Sandberg-Instituts in Amsterdam und initiierte den 
Screendesign-Wettbewerb "International Browserday", der nach Amsterdam und 
New York diesen Dezember in Berlin zum fünften Mal stattfindet.

Petra Ilyes, Kulturanthropologin, arbeitet z.Z. an einer umfassenden Studie 
zum Einfluss der Informations- und Kommunikationstechnologie auf periphere 
Gesellschaften und berichtet und zeigt Bilder von ihrer jüngsten Feldstudie 
im Silicon Valley 2001.

Geert Lovink, holländischer Medientheoretiker und Netzaktivist, lebt zur 
Zeit in Australien und wird die Veranstaltung moderieren. Er ist Mitglied 
der Agentur BILWET und gründete mit Pit Schultz 1995 "nettime", eine der 
einflussreichsten Mailinglisten zum Netzdiskurs. Er hat eine Reihe von 
wichtigen Konferenzen und Netzkultur-Projekten initiiert und im Netz als 
auch gedruckt eine Vielzahl von Texten zu kulturellen und politischen 
Bewegungen, unabhängigen Medien und Netzkritik veröffentlicht. Zuletzt war 
er in Frankfurt mit "Tulipomania Dotcom", einer Konferenz zur "New Economy" 
im Juni 2000 im Kunstverein.

Sebastian Lütgert betreibt seit 1998 von Berlin aus Netzportale wie 
rolux.org und textz.com. Auf den ersten Blick erinnern diese Websites an 
"Dienstleistungsserver", mit verschiedensten Funktionalitäten ausgestattet, 
mit Bannern verziert etc. Tatsächlich handelt es sich hier jedoch um Tools 
und Inhalte, die in nützlich-hintergründiger Weise antikommerziell sowie 
autonomie- und subversionsfördernd funktionieren.

Niels Werber, Literatur- und Medienwissenschaftler an der Universität 
Bochum untersucht u.a. das Missverhältnis zwischen HiTech-Utopien der 
digitalen Elite und den realen gesellschaftlichen Transformationen, in die 
diese eingebettet sind. Aktuelle Texte beschäftigen sich mit dem 
Technologie-Diskurse im bürgerlichen Feuilleton oder dem Zusammenhang 
zwischen "globalem Terrorismus" und "Cyberwars".

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