florian schneider on 7 Oct 2001 06:24:15 -0000


[Date Prev] [Date Next] [Thread Prev] [Thread Next] [Date Index] [Thread Index]

[rohrpost] make world 18-21 oktober


make-world festival
BORDER="0" LOCATION="YES"
konferenz | ausstellung | performances | workshops
MÜNCHEN 18-21 OKTOBER 2001
http://make-world.org
mailto:0yes@make-world.org


Eigentlich ist "make world" ein Kommando, um das Betriebssystem eines
Computers komplett zu erneuern. Auf diesem Wege ist es möglich, den
jeweils jüngsten Entwicklungen zu folgen, wenn erst einmal die Quellen
synchronisiert sind. Wer "make world" in die Befehlszeile eingibt,
wechselt das gesamte System aus, während es gleichzeitig weiterläuft.

Vom 18. bis 21. Oktober findet in München in Muffathalle und
lothringer13 ein außergewöhnliches Festival statt, das sich die
Verknüpfung unterschiedlichster Themen und Herangehensweisen zum Ziel
gesetzt hat. Wissenschaftler, Theoretiker, Künstler und Aktivisten sind
eingeladen zu Präsentationen, konstruktiven Debatten, Reflektionen und
Diskussionen. Unter dem Titel BORDER="0" LOCATION="YES" soll der Frage
nachgegangen werden, welche neuen Formen von Subjektivität durch die
gegenwärtigen Veränderungen der Welt hervorgebracht werden, die bislang
als "Informatisierung", "Digitalisierung" und "Globalisierung"
etikettiert wurden. Je mehr diese Schlagwörter jedoch an Glanz
verlieren, desto wichtiger ist es, sich damit auseinanderzusetzen,
welche Rolle im Gegenzug Grenzen spielen, was Zugangsbeschränkungen und
örtliche Ungebundenheit, Mobilität und Bewegungsfreiheit in Wirklichkeit
bedeuten. 

Ziel ist, gerade in Zeiten, in denen niemand mehr versteht, was gerade
passiert und erst recht nicht vorhersagen will, was morgen sein wird,
angemessene Formen der Auseinandersetzung und weiteren Verständigung zu
finden. Die besondere Herausforderung besteht schließlich darin, sich
der Rückkehr zur sogenannten Normalität genauso wie dem permanenten
Ausnahmezustand zu widersetzen.

Vielleicht schon mit den Geschehnissen von Genua, spätestens aber seit
den Anschlägen in den USA hat ein Zeitalter begonnen, das nun wahlweise
als 21. Jahrhundert, Armageddon, dritter oder vierter Weltkrieg
bezeichnet wird. Die entscheidende Botschaft aber lautet: Was vor kurzem
noch undenkbar war, dürfte im nächsten Moment schon keine große
Überraschung mehr darstellen. 

Wenn aber wirklich das Ende vom Ende des letzten Jahrhunderts oder gar
der Geschichte erreicht sein sollte, muss alles, was passieren kann oder
zu tun ist, wieder von vorne anfangen. Ein solcher Neubeginn wird weit
mehr umfassen als zuvor. Es ist also an der Zeit zu scrollen: Vorwärts
und zurück zu schauen, zur Seite zu blicken, kreuz und quer, um die Ecke
und weiter nach vorne zu denken.

Medien und Migration, weltweite Mobilität und Kommunikation sind die
zwei großen Themen der letzten Zeit, die sich gegenseitig bedingen und
verstärken, und das nicht nur in sozialer und ökonomischer, sondern in
jeder erdenklichen Hinsicht. Dass Menschen einen selbstbestimmten,
taktischen Umgang, ihre persönliche Auffassung von Globalisierung
ergreifen, diese bereichern, ihr widersprechen oder neu erfinden, hat
eine Menge prekärer Situationen, ungeheuer produktive Miss- und
Selbstverständnisse hervorgebracht. Mehr denn je geht es um die
Erfindung von neuen Lebensmöglichkeiten. Mehr denn je um eine Sicht der
Welt, die nicht Ungleiches mit immer Schlimmerem vergilt, sondern
gleiche Rechte durchsetzt. 


KONFERENZ

Der Konferenzteil von BORDER="0" LOCATION="YES" besteht aus einer Reihe
von Vorträgen und Diskussionen mit zahlreichen Gästen aus aller Welt.
Nach den Anschlägen von New York und Washington verschwimmen die
Erinnerungen an die Einwanderungsdebatte in Deutschland und selbst die
Proteste von Genua. Das Konferenzprogramm von make-world versucht gerade
vor dem Hintergrund der aktuellen Ereignisse das wirkliche Potential der
so genannten Globalisierung zu hinterfragen, und zwar in den
Auswirkungen auf das Leben und Arbeiten der Menschen. Der Aufstieg einer
neuen globalen Souveränität, die nur noch eine innere Sicherheit kennt,
dürfte sicherlich einen Eckpunkt der Debatten markieren. Im
unaufhaltsamen und nicht enden wollende Fall der "New Economy" sowie am
Vorabend einer endgültigen Zerstückelung des Netzes wird die
Virtualisierung von Grenzen untersucht, um eine Neubestimmung von
öffentlichen Gütern, gemeinsam genutzten Räumen und freier
Zugänglichkeit zu versuchen.

Bis vor kurzem noch galt als neu, dass globale Märkte nach
Arbeitskräften aus aller Welt verlangen. Es schien überraschend, dass
Betriebsräte in der New Economy nicht nur um den Erhalt ihrer
Arbeitsplätze vor Ort kämpfen, sondern Streiks, soziale und politische
Auseinandersetzungen sich weltweit vernetzen. Plötzlich fiel auch wieder
auf, dass Arbeit sich kaum im herkömmlichen Sinn entlohnen läßt, weil
immer weniger abstrahierbar und immer schwerer bemessbar. Was aber soll
verwunderlich daran sein, dass viele der besten Entwicklungen auf
freiwilliger Basis geschaffen werden, offen und oft sogar frei zur
Verfügung stehen? Wenn jeder Mensch ein Experte ist, lassen sich deren
Kreativität sich überhaupt noch Grenzen setzen? Warum verstört selbst,
dass Kunst, die weiter im Begriff ist, sich zu entmaterialisieren, frei
flottierende Subjektivitäten und nicht mehr verkäufliche Objekte
hervorbringt?


AUSSTELLUNG

Der Ausstellungsteil "Der Künstler als Experte" riskiert einen Blick von
der Seite und bereitet Profile von Künstlern auf. Deren Daten werden
gesammelt und ausgestellt als Selbst-Ansichten, die biografische,
ästhetische, imaginäre Ebenen von Subjektivität aufeinander schichten.
Eingeladen sind die Experten Marko Peljhan (communication technology and
earth/space environment applications), Entropy8Zuper (future of art and
entertainment), Jennifer Reeder (White Trash), Herbert W. Franke (expert
in computer art, cybernetic aesthetics, visualization of science,
futurology, speleology), Beige (intention of computing). Verbunden ist
diese Ausstellung mit dem dreitägigen Testbetrieb der Installation
"Jeder Mensch ist ein Experte" (Konzept: Shu Lea Cheang), die eine
Datenbank, frei gestaltbare Erhebungsbögen, offen zugängliche Terminals,
Hilfestellungen und eine Experten-Lounge umfasst. 


PROGRAMM

BORDER="0" LOCATION="YES" wird am Donnerstagabend, 17. Oktober mit
Vorträgen von Saskia Sassen (Chicago) und Ghassan Hage (Sydney)
eröffnet. Danach gibt die in im Sommer wochenlang in Italien inhaftierte
"no border/no nation" Karawane ein Gastspiel, und im Anschluss DJ
Spooky. Am Freitag beginnt der Konferenzteil entlang verschiedener
Pfade: "Arbeit ohne Grenzen", "Open Sources", "Under global
Construction". Am Abend spricht Roman Leibov, danach wird die
Ausstellung "Der Künstler als Experte" eröffnet. Freitagnacht ist eine
Performance von Guillermo Gomez-Pena. Am Samstag wird die Konferenz
fortgesetzt mit Diskussionsrunden und Workshops. Das Abendprogramm
besteht aus einem Vortrag von Kodwo Eshun und einem anschliessenden
Konzert mit Daddy G (Massive Attack) sowie einer Klubnacht in den
Ausstellungsräumen mit Micromusic. Am Sonntagvormittag spricht Lev
Manovich über "The Language of New Media". Gleichzeitig wird
"Virtualienmarkt", eine Ein Tagesmesse eröffnet, auf der Künstler und
Aktivisten ihre Projekte präsentieren können. Das Festival endet mit der
geplanten Video-Konferenz mit Antonio Negri in Rom. 


GÄSTE

Valery Rey Alzaga (Gewerkschaftsaktivistin, New York), Konrad Becker
(Medienkünstler, Wien), Beige (Musiker, St. Louis), Franco Bifo Berardi
(Theoretiker, Bologna), Stefano Boeri (Architekt, Mailand), Yann Moulier
Boutang (Ökonom, Paris), Roberto Bui (Autor, Bologna), Shu Lea Cheang
(Künstlerin, New York), Diedrich Diederichsen (Theoretiker, Berlin),
Entropy8Zuper (Netzkünstler, Gent), Kodwo Eshun (Theoretiker, London),
Herbert Franke (Künstler, München), Matt Fuller (Künstler, London),
Volker Grassmuck (Medienforscher, Berlin), Reinhold Grether
(Netzwissenschaftler, Konstanz), Graham Harwood (Medienkünstler,
Amsterdam), Fran Illich (Autor, Tijuana), Osaren Iginoba (Aktivist,
Jena), Manse Jacobi (Medienaktivist, Beirut), Myoung Joon Kim
(Gewerkschaftsaktivist, Seoul), Maurizio Lazzarato (Theoretiker, Paris),
Kimi Lee (Gewerkschaftsaktivistin, Los Angeles), Roman Leibov (Linguist,
Tartu), Geert Lovink (Medientheoretiker, Sydney), Eveline Lubbers
(Autorin, Amsterdam), Sebastian Lütgert (Medienaktivist, Berlin), Lev
Manovich (Kunsthistoriker, San Diego), Paul D. Miller (DJ New York),
Angela Mitropoulos (Medienaktivistin, Melbourne), Erich Moechel (Wien),
Prabhu Prasad Mohapatra (New Delhi), Anton Monti (Aktivist, Helsinki),
Dorian Moore (Designer, London), Tom Mulcaire (Kurator, Kapstadt),
Beshid Najafi (Aktivistin, Köln), Antonio Negri (Theoretiker, Rom),
Paolo Punx (Aktivisten, Mailand), Aris Papatheodorou (Medienaktivist,
Paris), Marko Peljhan (Künstler, Ljubljana), Ludovic Prieur
(Medienaktivist, Paris), Jennifer Reeder (Videokünstlerin, Chicago),
Janko Roettgers (Autor, Berlin), RTmark (Medienaktivisten), Saskia
Sassen (Soziologin, Chicago), Partha Pratim Sarker
(Medienwissenschaftler, Bangladesh), Shuddhabrata Sengupta
(Medienaktivist, New Delhi), Christiane Schulzki-Haddouti (Autorin,
Bonn), Pit Schultz (Künstler, Berlin), Sam de Silva (Medienaktivist,
Melbourne), Gemma Susa (Aktivistin, London), Trabajo Zero (Aktivisten,
Madrid), Jussi Vahamaki (Theoretiker, Tampere) und viele andere mehr.


STREAM

Das gesamte Programm des Festival wird im Internet live gestreamt, und
anschließend in einer Datenbank abgelegt, die über ein Webjournal
zugänglich ist. Konferenzsprache ist Englisch.


ANMELDUNG

0YES@make-world.org


MAILINGLIST

http://coyote.kein.org/mailman/listinfo/update


BUTTON UND BANNER: 

http://www.make-world.org/0yes88x31.gif
http://www.make-world.org/0yes468x60.gif


PRESSE

pr@make-world.org


SCHLAFPLATZBÖRSE

sleeping@make-world.org


TICKETS

Festivalticket für alle Tage und Veranstaltungen: DM 47


VERANSTALTUNGSORTE:
Muffathalle <http://www.muffathalle.de> und lothringer 13
<http://www.lothringer13.de>

Das make world Festival BORDER="0" LOCATION="YES" wird konzipiert von
Florian Schneider und Olia Lialina. Mit Unterstützung von: Thomas Atzert
(Frankfurt), Shu-Lea Cheang (New York), Dragan Espenschied (Nordheim),
Fran Illich (Mexico City), Manse Jacobi (Beirut), Geert Lovink (Sydney)
Sebstian Lütgert (Berlin), Armin Medosch (London), Anton Monti
(Helsinki), Marko Peljhan (Ljubljana), Pit Schultz (Berlin), Klaus
Schönberger (Tübingen), Felix Stalder (Toronto), TA "jeder mensch ist
ein experte", Soenke Zehlke (Saarbrücken) u.v.a.m.

Organisation und Durchführung: Muffathalle Betriebs GmbH, lothringer13
und Kulturreferat der Landeshauptstadt München.



-- 
http://make-world.org
-------------------------------------------------------
rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur
Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost Info: http://www.mikro.org/rohrpost
Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de