Kathrin Becker on Tue, 8 Jan 2002 09:53:37 +0100 (CET)


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[rohrpost] Videospace Russia: 1996 and later, NBK Berlin, 16.1.


Mittwoch, 16. Januar 2002, um 19 Uhr
im Neuen Berliner Kunstverein
Chausseestr. 128/129, 1. Etg.
10115 Berlin

Videospace Russia: 1996 and later.
Aktuelle russische Videokunst, vorgestellt von Anna Matvejeva (St. Petersburg)

Das Video-Forum des Neuen Berliner Kunstvereins widmet seine erste
Veranstaltung im Jahre 2002 der Videokunst Rußlands. In Kooperation
mit den Berliner Festspielen und aus Anlass der Ausstellung "Davaj"
(Postfuhramt Berlin, 10.01. bis 27.02.2002) wird die St. Petersburger
Kuratorin Anna Matvejeva am Mittwoch, den 16. Januar 2002, um 19 Uhr,
einen Überblick über die aktuelle Entwicklung der russischen
Videokunst seit 1996 präsentieren.

In den vergangenen fünf Jahren hat das Medium Video innerhalb der
russischen Kunstszene an Popularität gewonnen und erstmalig in der
Kunstentwicklung des Landes einen bedeutenden Platz eingenommen. Anna
Matvejeva wird in ihrem Videovortrag die Gründe für diese Entwicklung
analysieren, sowohl in Bezug auf die technologischen Bedingungen als auch
im Zusammenhang mit den sich ändernden ideologischen Strukturen.

Zur Technologie ist zu bemerken, daß die in den späten 80er und
frühen 90er Jahren verfügbaren billigen Kinoproduktionsmöglichkeiten
aufhörten zu existieren, während gleichzeitig Videokameras und
Computer mit Videoschnittprogrammen den russi-schen Markt erreichten,
so dass das Medium Video (als Erbe des sogenannten "parallelen
Kinos") allmählich von einem separaten Genre zu einem praktischen
Werkzeug für die zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstler wurde.

Inhaltlich berührt ihr Vortrag vor allem die russische
Kunstentwicklung nach der Postmoderne. Die frühen 90er Jahre in
Rußland waren vom Diskurs der Post-moderne geprägt, hingegen ist die
zweite Hälfte der 90er Jahre durch eine wachsende Ablehnung der
postmodernen Ästhetik (insbesondere formale Expe-rimente, Bezug zu
kulturellen Traditionen sowie eine spezifische
halluzinatorisch-spekulative Praxis) gekennzeichnet. Die nachfolgende
"post-postmoderne" Gene-ration beansprucht gegensätzliche Werte für
>sich: Sie operiert mit der "Ressource Aufmerksamkeit", sucht nach
"wahrhaftigen" Erfahrungen und nach der Wiederentdeckung der
Wirklichkeit. Eine solche Verlagerung der ideologischen Vorzeichen
muss notwendig in eine Veränderung der visuellen Erscheinungsweisen
münden: Die gegenwärtige russische Kunst verfolgt ein gänzlich
anderes Themenspektrum: Wie Anna Matvejeva zeigen wird, werden der
"soziale Körper" und seine Interaktion mit dem Privaten (Dmitry
Gutov, Olga Chernysheva, Dmitry Vilensky), die Massenmedien und
Rußlands wachsender Konsumerismus (Andrey Velikanov, die Gruppe AES,
Vladimir Salnikov) sowie Rußlands (nationale) Identitätsprobleme und
der "Zustand, ein Russe zu sein", bzw. der "Zustand, ein russischer
Künstler zu sein" (Alexander Shaburov, Anatolij Skatchkov),
thematisiert.

Ein weiterer Aspekt der Vortrags ist der aktuelle Prozess der
Dezentralisierung der russischen Kunstszene: Die aktuelle Kunst ist
nicht mehr länger eine den beiden Hauptstädten Moskau und St.
Petersburg vorbehaltene Aktivität, sondern vollzieht sich auch in anderen
Städten, die nicht mehr länger nur "finstere Provinz" sind. Als Beispiel
wird Anna Matvejeva Videoproduktionen aus Novosibirsk als dem wohl
wichtigsten Punkt in dieser Entwicklung zeigen. Auch die Aktivitäten der
bedeutend-sten
Videokunst-Institutionen Rußlands (TV Gallery, Moskau; Pro Arte
Institut, St. Petersburg und "Extra Short Film Festival", Novosibirsk)
werden Erwähnung finden.

Zu dieser Veranstaltung der Reihe "Treffpunkt NBK" möchten wir Sie in
unsere Räume in der Chausseestraße 128/129, 1. Etage, Berlin-Mitte,
herzlich einladen.


Mit freundlichen Grüßen
>Kathrin Becker
Video-Forum


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