Krystian Woznicki on Mon, 10 Jun 2002 09:53:07 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] Re: SMS-Encounters |
Auslaufmodell Werbeträger Olaf Deininger 10.06.2002 Direktmarketing mit "Response-fähigen" Medien wie Email oder SMS haben Konjunktur Die Dienstleister im mobilen Geschäft bringen ihre Zielgruppen (und damit die entsprechende Reichweite) gleich mit: Die "Werbeträger" der Medienindustrie haben ausgedient. Ein generelles Modell für die Zukunft der Medien? Steht die Branche vor einer Neuorientierung? Rote Karten für jedermann: Das ist die Kernidee einer mobilen Werbekampagne, mit der Sportartikel-Hersteller Adidas dieser Tage Besitzer von Handys beglücken will - ganz gleich ob sie sich als Fußballfan verstehen oder eben nicht. Weniger Fußball-Begeisterte können ihren Freunden dabei über das Mobiltelefon eine rote Karte erteilen. Die Adressaten erhalten einen Anruf, der ein vorgefertigtes Soundfile mit den aufgeregten und eher disqualifizierenden Worten eines asiatischen Schiedsrichters übermittelt. Laut Oliver Oppermann, Head of Brand Communication bei Adidas, will das Unternehmen mit der Kampagne auch Fußball-Muffel direkt mit dem Thema WM ansprechen. Mobile Werbekampagnen boomen: Erst Anfang des Jahres hatte die Fastfood-Kette McDonalds die bisher größte Mobilkampagne Europas realisiert. Vier Wochen lang fand die Aktion in mehr als 1.200 Filialen der britischen Insel statt. Rund 13 Millionen Pommes-Packungen wurden eigens dafür bedruckt. Titel: "Text a Monster" - passend zum Start des Pixar-Filmstreifens "Die Monster AG". Die Kunden sollten motiviert werden, an einem SMS-Gewinnspiel mitzumachen. In einem "Aufklappfenster" der Pommes-Behälter stieß der McDonalds-Gast auf einen "Monstercode" und eine SMS-Nummer. Dort konnte er seinen Code hinsenden und damit an einem Preisausschreiben teilnehmen. Per SMS wurden auch die Gewinner informiert. Die Münchner Agentur 12snap, die die Kampagne realisierte, erzielte eine Response-Rate im zweistelligen Millionenbereich. Erfahrungen aus früheren SMS-Kampagnen haben eine Antworthäufigkeit von zum Teil 30 % ergeben. "Das Mobiltelefon als Werbeträger wird uns die Möglichkeit geben, mit unserem Kunden über ein vertrautes Medium zu kommunizieren", erklärt Jason Dawn, Digital Marketing Manager von McDonalds, "außerdem ist es sehr kostensparend." Hocherfreut präsentierte sich auch Nestlé über die Resultate ihrer ersten mobilen Marketingkampagne Ende letzten Jahres - eine Werbeaktion für den Schokoriegel "KitKatChunky". "Mit dem Projekt konnten wir genau die Zielgruppe von KitKatChunky erreichen", jubelte Lili Petersen, Produktmanagerin der Nestlé Schokoladen GmbH. "Viele interessante demografische Daten der für Schokoladenriegel strategischen Zielgruppe konnten gewonnen werden." Mit der Münchner Firma 12snap hatte Nestlé eine Kampagne gestartet, bei der Jugendliche per SMS auf ein Gewinnspiel rund um den Schokoriegel aufmerksam gemacht wurden. Auch andere Marken machen erste Erfahrungen mit "mobiler Werbung": Wella verschickte im letzten Dezember mobile Küsse übers Handy. Per SMS konnten Teilnehmer angeben, welche Person sie - akustisch - küssen möchten; daraufhin erhielten die Genannten einen Anruf von einem Sprachcomputer mit dem Geräusch eines 20 Sekunden langen Kusses. Kontaktiert wurden ca. 200.000 Handy-Nutzer, von denen sich in den ersten Tagen der Kampagne bereits 10.000 für die mobilen Küsse interessierte. Rund 750.000 Kontakte wurden insgesamt generiert. Auch McDonalds (Kampagnentitel "Brüll mit"), American Express, DaimlerChrysler, Procter & Gamble und andere investieren in mobile Kampagnen. Der hiesige Markt für "Wireless Advertising" wird nach Schätzungen des Dienstleisters Mindmatics bis 2005 auf 1,15 Milliarden Euro geschätzt. Die Marktforscher von Forrester gehen europaweit von insgesamt 3 Milliarden Euro im gleichen Jahr aus. Im letzten Jahr wurden in Deutschland bereits 22,5 Millionen Euro für mobiles Marketing ausgegeben. Schon Ende 1999 überholten die Gesamt-Umsätze von SMS die von Banner-Werbung im Internet. Realisiert werden die mobilen Aktivitäten von einer Reihe neuer Dienstleister und mobiler Portale. Firmen wie Beamgate, jamba, 12snap, metadesign, C-Com One, Yoc, Wireless Vision haben sich auf den Bereich mobile Kommunikation und mobiles Marketing spezialisiert. Und sogar die altehrwürdige Deutsche Presse Agentur - per Satzung eigentlich verpflichtet, ihre Inhalte nur an Medienkunden, nicht an Leser zu verkaufen - offeriert dem Nutzer des E-plus Dienstes i-Mode ihren Content direkt. Doch anstatt - wie im klassischen Print-Bereich oder im Internet - auf die Werbeträger der Medienindustrie angewiesen zu sein, bieten diese Dienstleister nicht nur die konzeptionelle und technische Realisierung von Kampagnen-Ideen, sie liefern die Zielgruppen und Empfänger gleich noch mit. So bringt es Mindmatics beispielsweise auf rund 90.000 registrierte Nutzer, die Münchner12snap auf 210.000 Handy-User; für Nestlé bot man sogar 400.000 Empfänger auf. Beamgate bietet seinen Kunden 620.000 registrierte Nutzer an. Allein 12snap verschickt ca. 60.000 Textnachrichten pro Tag. Die Daten werden per Webseiten im Internet generiert oder durch Kooperationen mit Netzbetreibern. So arbeitet 12snap beispielsweise mit T-Mobile zusammen. Zwar sind die Reichweiten nach Einschätzung der Werbetreibenden und ihrer Dienstleister noch gering. Doch daran soll sich - so sagen die Anbieter - schnell etwas ändern. Einstweilen hilft man sich allerdings mit den überdurchschnittlich hohen Erfolgsquoten des neuen Mediums über die Kinderkrankheiten hinweg. Eine Befragung von 501 Usern durch den Anbieter Beamgate ergab, dass sich immerhin rund 52 % gestützt und 17 % ungestützt an Werbebotschaften des Energy-Drink-Herstellers Flying Horse erinnern konnten. Für die Sportwette Oddset lagen die Quoten mit 80 und 30 % noch höher. Noch interessanter seien die Zahlen bei Response-orientierter Werbung, wie sie von Nestlé oder Procter & Gamble eingesetzt wird, meint Ingo Lippert von Mindmatics. Auch der Strecke bleiben indes viele Medienhäuser. Denn die neuen Werbeformen kommen allesamt ohne die klassischen Werbemittler der Medienindustrie aus. Vorerst jedenfalls. Kaum ein Verlag oder Medienunternehmen hat es bisher geschafft, Werbetreibende nennenswert in ihre mobilen Aktivitäten einzubinden. Im Gegenteil: Viele Medienunternehmen betrachten mobile Plattformen misstrauisch als reines Promotion-Instrument und - im schlechtesten Fall - als neues Millionengrab. Wenn investiert wird, dann meist vor dem Hintergrund, die Inhalte soweit zu veredeln, dass sie an Dritte lizenziert werden können. Oder um das progressive Image der eigenen Medienmarken durch den Einsatz der technologisch innovativer mobilen Möglichkeiten zu stärken. Auch die neuen Aktivitäten der großen Player im deutschen Medienbusiness mit i-Mode zielen in erster Linie auf Umsätze mit den Nutzern ab. Die Entwicklung neuer Werbeträger im mobilen Bereich hat kaum einer auf dem Zettel. Doch wenn die Medienunternehmen nicht ganz schnell attraktive Angebote für die Werbetreibenden entwickeln, könnten Ihnen die Dienstleister im mobilen Business auf Dauer ernsthafte Konkurrenz machen. Denn die haben offenbar begriffen, worauf es beim Marketing der Zukunft ankommen soll. Hinter der augenblicklichen konjunkturellen Krise der Medienbranche lauert eine grundlegende strukturelle Veränderung. Die Werbeindustrie schichtet bereits seit Jahren ihre Etats weg von den klassischen Werbeformen wie Printanzeigen und TV-Spots immer deutlicher Richtung Direktmarketing um. Als erfolgversprechend gelten dabei Werbeformate, mit denen einerseits der Empfänger direkt angesprochen werden kann und die andererseits einen bequemen Rückkanal bieten: Briefe, E-Mail, Telefon, SMS. "Response-fähige" Medien bzw. Kanäle zum Kunden sowie möglichst detaillierte Nutzer- und Kundendaten werden somit immer wichtiger. Und damit mühen sich die Medienhäuser seit Jahren ab. Und so tun immer mehr Hersteller und Markenartikler das, was die Medienunternehmen nicht tun können oder wollen: Sie sammeln systematisch die Daten ihrer Kunden und solchen, die es werden sollen, um durch gezielte Kommunikation, gezielte Angebote, Gewinnspiele und andere Gimmicks die Bindung zu erhöhen und die Streuverluste ihrer Werbeaktivitäten zu verringern. Zwar steht im ersten Ausbauschritt dieser Art von "Customer Relationship Management" zunächst einmal die kleine Gruppe der "Early Adopters", also der Leute, die sich früh für neue Technologien und Möglichkeiten begeistern können und die als Multiplikatoren gelten, im Fokus, doch weitere Potenziale will man einbinden und erfassen sobald die technische Infrastruktur einwandfrei funktioniert. Also stehen viele Medienunternehmen im Konflikt zwischen berechtigten Datenschutz-Überlegungen und den neuen und immer drängenderen Anforderung ihrer Werbeklientel. Das einzige, was Verlage über ihre Leser und Nutzer wissen, sind Name, Adresse und vielleicht die Bankverbindung, und auch das nur in den seltensten Fällen, lästern Marketing-Manager. Und sogar die Produktion von Inhalten wird nicht mehr nur ausschließlich von der Medienindustrie betrieben. "Wir bieten ein Vollprogramm auf dem Handy", erklärt Ulrich Pietsch, Marketing-Manager bei 12snap, und meint damit, dass man den Content für die Nutzer selbst in der eigenen Programmabteilung produziere - also auch hier ohne Medien und Verlage auskomme. Links Artikel-URL: http://www.telepolis.de/deutsch/inhalt/te/12688/1.html ---------------------------------------------------------------------- Copyright © 1996-2002 All Rights Reserved. Alle Rechte vorbehalten Verlag Heinz Heise, Hannover ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste fuer Medien- und Netzkultur Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/