scheerlund on Wed, 26 Mar 2003 23:53:55 +0100 (CET) |
[Date Prev] [Date Next] [Thread Prev] [Thread Next] [Date Index] [Thread Index]
[rohrpost] Re:Talking Head Nobert Bolz |
25.3.2003 ca. 9:50, kulturzeit 3sat vom Vortag. Talking Head Nobert Bolz erklaert im Interview den derzeitigen USA-Irak-Krieg unter dem gesellschaftlichen Primat der Information (Paradigma Information) & ueber mediale "Bildwirklichkeit" (Bolz mit Rumsfeld [sinngemaesz]: Im Bild gaebe es keine Wahrheit <- Verabschiedung des Wahrheitsbegriffs im Medium). Information sei einer Waffe gleichrangig (Information als taktische Waffe). Historisches Beispiel & Beleg fuer (Zitat) "den zentralen Informationsbegriff": der Vietnamkrieg sei beendet worden, weil Berichterstattung Trauma erzeugt haette - der Vietnamkrieg sei also nicht durch militaerische Unterlegenheit seitens der USA beendet worden. Er bezeichnet das als "Demokratische Oeffentlichkeit". Er geht in die phaenomenologistische Falle, deutsche/europaeische Medienberichterstattung sei (Zitat) "kritisch", womit er »ikonokritisch« meint, wobei er Struktur, Historie und aktuelles Interesse voellig ausblendet. Gleichzeitig widerspricht er logisch seinem Post-Wahrheitsbegriff, indem er diesen zur Wahrheit verifizieren will. Oder meinte er: wir sehen das Spektakel, die Propaganda? Wird diese "Information"-Theorie zwischen die Akzeptanzproduktion und die kapitalistische Unterdrueckung geschoben, um den Adressat "deutsche Bevoelkerung" fuer den Druck des sozialen Krieges durch das Kapital zu de-sensibilisieren, um den Zuschauer zum embedded Kriegskritiker zu machen? Das Feindbild des illegitimen Krieges pazifistisch aufgeladen zur Ablenkung von den Interessen des Kapitals. Ich habe leider dieses Interview nicht gesehen, wenn jemanden es vielleicht aufgenommen hat und mir freundlicherweise ausleihen würde ? Dadurch ist es natürlich ein Wenig schwierig nachzuvollziehen, was du mit den unterschiedlichen Zitate und Vorwürfe (Akzeptanzproduktion; kapitalisitische Unterdrueckung) meinst. Dennoch: Das Verlöschen von Wahrheit und Lüge im Bilde geschieht im Zuge der Bildmanipulation. Jedes Bild wird von Pixeln aufgebaut und kann daher gar nicht auf eine in der „echten Natur“ vorhandene Gegebenheit repräsentieren. Also geht es darum, die Konstruktion des Bildes zu erkennen und darin liegen selbstverständlich Interessen, und nicht nur Seitens des Produzenten, sondern eben auch desjenigen, der diesen Bilder „liest“. Wahrzunehmen, dass Bilder Konstruktionen sind, statt auf ihrer Wahrheitsgehalt zu beharren, führt zu einer (von sog. kritischen Geistern wohl mit Übelkeitsgefühlen besetzten) Akzeptanz des Anderen und seinen Interessen, ohne damit darunter zugleich subsummiert zu werden, aber vielmehr die Chance gelassen zu werden, darauf zu antworten. Das Problem mit der Kritik liegt in der völlige Ablehnung - man nennt es gewöhhnlich Tabuisierung - gewissen Themen. Die hartnäckige Vollbremsung, die die Kritik immer herbeizaubert führt aber vielmehr zu Unterstützung dessen, was sie ablehnt. Sie erzeugt also keine Veränderungen, sondern zeigt in Wirklichkeit was in ihr wirklich drin ist (!): Erstarrung und ödipales Schauen an dem Vater, von dem man sich nicht emanzipieren kann, indem man eine eigene Meinung bekommt - paradoxaler Weise. Emanzipation heißt nicht Tabu, nicht Übernahme (siehe den 68er), sondern antworten. Dies gilt natürlich auch 100% für Bush. Das ist ja das Interessante, dass diese zwei Phänomene (!) in ihrer Ablehnung des Anderen rekursiv sind;-) viele Grüße Joan ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/