Volker Grassmuck on Mon, 8 Sep 2003 14:20:43 +0200 (CEST)


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[rohrpost] Neue Untersuchung deckt Widersprüche in EU-Gesetzgebung


Neue Untersuchung deckt Widersprüche in EU-Gesetzgebung zum Urheberrecht auf


Vieles, was heute noch als ganz normale Beschäftigung gilt, könnte 
bald verboten sein. Zu diesem Schluss kommt eine neu veröffentlichte 
Untersuchung. So könnte es bald illegal sein, Musikstücke von einer 
kopiergeschützten CD auf einen Walkman zu überspielen oder sich eine 
DVD auf einem Computer anzusehen, der unter dem freien Betriebssystem 
Linux läuft.

Die heute veröffentlichte Untersuchung "Implementing the EU Copyright 
Directive ("Die Umsetzung der EU-Urheberrechtsrichtlinie") analysiert 
in sieben thematischen Einzelberichten und 13 Länderberichten die 
Folgen der Anpassung der Gesetze in den Mitgliedsstaaten an die 
Richtlinie.

Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass es in einigen 
Mitgliedsstaaten, darunter Deutschland, bereits als illegal gelten 
muss, urheberrechtlich geschützte Werke wie CDs, Filme oder 
elektronische Bücher auf andere Weise zu verwenden als vom 
Herausgeber vorgesehen. Übertretungen sollen mit Strafen von mehreren 
Zehntausend Euro geahndet werden; es drohen sogar mehrjährige 
Gefängnisstrafen.

Nur in wenigen EU-Staaten werden den Konsumenten dagegen die Mittel 
an die Hand gegeben, ihrerseits ihre Rechte durchzusetzen. Meist 
führt der Weg über eine Regierungsbehörde, bei der zuerst Beschwerde 
einzulegen ist. Danach kann es Monate dauern, bis der oder die 
Einzelne ihr Recht kriegen. Vertreter der Konsumenteninteressen gibt 
es in den Regierungsstellen nach wie vor so gut wie nirgends.

Sehr wenige Vorkehrungen wurden auch eingeführt gegen den  Missbrauch 
des Urheberrechts zur Preissteigerung bei Verbrauchsgütern wie 
Druckerpatronen oder Zubehör für Spielkonsolen. Es ist zu erwarten, 
dass diese Praktiken, die jetzt schon in den USA weit verbreitet 
sind, demnächst den  Atlantik überqueren. In den USA genießen sie den 
Schutz des  des Digital Millennium Copyright Acts, eines Gesetzes, 
das in weiten Teilen der EU-Urheberrechtsrichtlinie ähnelt.

Schaden erleiden wird die europäische Forschung zur 
Computersicherheit. Nach derzeitigem Stand dürfen nur in Deutschland, 
Dänemark und Finnland noch Wissenschaftler die Effektivität von 
Kopierschutzmaßnahmen erproben.

Speziell für Deuschland kommt der Bericht zu dem Schluss: "Das 
deutsche Gesetz gibt die Widersprüchlichkeiten der EU-Richtlinie 
getreu wieder: Einerseits postuliert es ausdrücklich das Recht zur 
Anfertigung von Privatkopien; andererseits stellt es die Umgehung von 
Kopierschutzmechanismen selbst dann unter Strafe, wenn dies zu dem 
alleinigen Zweck geschieht, eine legale Privatkopie anzufertigen."

Ian Brown, der Herausgeber des Berichts, kommentiert: "Diese neuen 
Gesetze berauben europäische Bürger ihrer Rechte. Sie sind im 
alleinigen Interesse von Hollywood und der Musikindustrie. Diese 
Gesetze müssen neu gefasst werden, damit sie die Eigentümer von CDs, 
DVDs und e-Books ebenso schützen wie die Medienkonzerne."

Der Bericht ist im Internet zugänglich unter der Adresse 
http://www.fipr.org/copyright/guide/

Ian Brown, der Direktor der Foundation for Information Policy 
Research, ist für Nachfragen erreichbar unter ian@fipr.org oder 
telefonisch unter 0044 - 7970 164 526


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   act now:    copy = right    http://privatkopie.net
   schon 43.000 Unterschriften !!!
   home:   http://waste.informatik.hu-berlin.de/Grassmuck


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