das ende der nahrungskette on Thu, 4 Dec 2003 18:54:21 +0100 (CET) |
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[rohrpost] [monochrom] WILLKOMMEN IN DER BLUTIGEN STADT // MitVortrag von Martin Nechvatal |
WILLKOMMEN IN DER BLUTIGEN STADT CAN, 1976 monochrom-Raum im MQ, Sonntag/7. November 2003, 20:30. ( http://quartier21.mqw.at/uebersichtsplan/index.html ) Mit einem Vortrag von Martin Nechvatal. =========================================== "Willkommen in der blutigen Stadt" war ein typischer Nachmitternachtsfilm im ORF der 1980er. Dort habe ich ihn zum ersten mal gesehen, und mich sofort verliebt. Warum? Weil gute Dystopien eine unbarmherzige Stärke haben. Deshalb. Die Dystopie ... ... ist eines jener Subgenres der Science-Fiction, das seit seiner relativ späten Entstehung weite Verbreitung gefunden hat und abseits aller Modeströmungen zum Grundrepertoir gehört. Warum gerade negative Zukunftssichten so populär geworden sind, ist eine untersuchenswerte Frage. [Der Dystopie-Wikipedia-Eintrag. ---> http://de.wikipedia.org/wiki/Dystopie ] Die dystopische Bewegung ist nicht älter als 100 bis 150 Jahre, wenngleich der Geist der Dystopie wahrscheinlich aus dem Zeitalter der Aufklärung schöpft. Bis dahin war es problemlos möglich, Staatsmodelle zu entwerfen, in denen die Menschen lediglich als eine Art notwendige, aber dennoch zu vernachlässigende Staffage dienten. Was zählte, war das System. Die Erkenntnis, dass jeder für sich sein Schicksal in eigener Verantwortung in die Hand nehmen kann und sich nicht auf irgendwelche höhere Instanzen verlassen muss, seien sie nach eigenem Bekunden auch von Gott eingesetzt worden, ist der Nukleus der kommenden politischen Veränderungen und damit auch der Anfang vom Ende der Utopie. Die "schädlichen Aspekte" ... ... der technischen Revolution haben einen speziellen Typus der Dystopie geschaffen, die innerhalb der Science Fiction aber oft nicht immer leicht von entsprechenden Katastrophenromanen zu trennen ist. Prinzipiell kann man wahrscheinlich - um hier ein wenig binäres Denken vor sich her zu schieben - zwei Arten von Herangehensweisen unterscheiden: zum einen der technophile Approach, also die Meinung, dass Wissenschaft und ihre Errungenschaften an sich neutral ist; es hängt jeweils vom Menschen ab, was geschieht. Auf der anderen Seite die technophobe Weltsicht, die das anders interpretiert; die Technik kann sich verselbständigen, gar über ihre Schöpfer hinauswachsen, eine eigenständige, oft feindlich gesonnene Existenz entwickeln. Das Ergebnis ist entweder ein Kampf mit der Technik, mit entsprechend verheerenden Folgen oder eine Unterwerfung bzw. Anpassung. Aus der Möglichkeit, viele technische Utopien tatsächlich verwirklichen zu können, ist die Angst erwachsen, dass dies auch geschehen mag - das Ergebnis ist ein technologisch fortschrittlicher Staat, abhängig von seiner maschinengestützten Macht, sozusagen eine Technotopie. =========================================== "Willkommen in der blutigen Stadt" ... ... ist eine eigenartige Technotopie. Vier Männer und eine Frau erwachen in einer kargen Landschaft. Alle tragen sie sträflingshafte Einheitskleidung. Jeder von ihnen besitzt eine Karte, die sie/ihn als MörderIn ausweist. Jedoch kann sich keiner von ihnen an irgendetwas erinnern. Sie leiden an einer tiefgreifenden Amnesie. Kurz darauf wird die Gruppe überfallen. Von Sheriff Frendlender (ye olde Jack Palance) werden sie in eine Stadt gebracht, in der Mord an der Tagesordnung steht. Als Sklaven sind sie hier vogelfrei, allerdings kann ein Sklave in der Hierarchie aufsteigen, indem er einen "Bürger" tötet. Hat ein Sklave zwanzig Bürger getötet, darf er nicht mehr erschossen werden. Mike Lewis (Keir Dullea, bekannt für seine Hauptrolle in "2001 - Odyssee im Weltraum") versucht als einer der ersten der Gruppe sein Glück im erklimmen der Karriereleiter ... Parallel dazu gibt es einen Handlungsstrang in einem Forschungslabor, in dem Versuche mit Menschen gemacht werden. Das Militär - in einer nicht näher definierten Kriegssituation - sucht auf diese simulierte Art die perfekte Führungskraft für ein Todeskommando, die ganze Situation ist also eine radikale Testsituation bei der die Verlierer als besseres Hirngemüse enden. Die junge Forscherin Katherine (Samantha Eggar) zeigt besonderes Interesse an Lewis. Sind Lewis oder Frendlender "geborene Killer"? "Willkommen in der blutigen Stadt" ist natürlich von "Westworld" (USA/1973/ Regie: Michael "Multimillionen" Crichton) beeinflusst, hat aber dennoch einen Haufen eigenständiger Bodenlosigkeit aufzuweisen. Ohne besonderes Aufhebens darum zu machen, ist der Film der erste Film, der sich mit dem Thema "Virtual Reality" befasst - lange bevor auch nur der Ausdruck "Virtual Reality" geprägt wurde, und die Idee die Öffentlichkeit zu beschäftigen begann. Einer jener kleinen Meilensteine in der Definition des Cyber-SF-Gedankens. =========================================== Welcome to Blood City (Willkommen in der blutigen Stadt) Kanada / 1976 mit Jack Palance, Keir Dullea, Samantha Eggar, Barry Morse, u.a. Regie: Peter Sasdy =========================================== Vortrag und Screening Martin Nechvatals Einführungsvortrag beginnt am Sonntag, den 7. Dezember 2003 um 20:30 bei uns im monochrom-Raum im MQ (siehe Lageplan). Danach Screening des Films. ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/