http://www.desk.nl/~nettime/zkp/schubumk.txt CONTEXTXXI Schubumkehr Versuch einer Auseinandersetzung. Initiert durch eCE (engagierte Computer-ExpertInnen), monochrom (Alternativzeitschrift), Institut fuer Gestaltungs-und Wirkungsforschung der TU Wien, sowie moeglicherweise t0 (Public Netbase). Geplant sind Workshops, Diskussionen, Vortraege und aehnliches. -Schubumkehr?- Schub, 1) mechanische Kraft, Scherung, die unmittelbar benachbarte Querschitte eines Koerpers gegeneinander verschiebt oder verdreht; 2) Vortriebskraft einer Stahlduese in -> Stahltriebwerken, gemessen in Kilo-> Pond; Leistung e. Strahltriebwerkes in PS = 0.85 x Schub in kp (Faustformel) GESELLSCHAFTSUMKEHR Was hat die Gesellschaft mit der Schubumkehr zu tun? Die Gesellschaft spiegelt die Einfluesse neuer Kommunikationsformen und Gepflogenheiten wieder. Sie ist Gradmesser fuer die unmittelbaren sowie die langzeitigen Auswirkungen neue Lebens- und Interaktionsformen. Sie ist die Voraussetzung fuer eine erneute Schubumkehr. Welche Aspekte der Gesellschaft werden bei der Schubumkehr ausgefahren? - Masseninteraktivitaet: Isolation oder Integration? (Mensch- Mensch-Maschine Kommunikation, Lost in Hyperspace, Bildungsoffensive) - Meinungsfreiheit: Zugestaendnis oder Errungenschaft? - Electronic Democracy: Scheingesellschaft oder Gesellschaft des Seins (sich selbst bestimmen) Empower the individual, Verantwortung & Macht - FemNet, Gay, Behinderte, Arbeitssuchende, etc... DATENSCHUTZ UND DATENSICHERHEIT Im Zuge der EU wird schon fleissig mit verschiedenen Personenueberwachungssystemen experimentiert. EIS (europ. Informationssystem) ist auf Grund der heutigen Kommunikationstechnologie bereits auf dem Weg zur Realisierung. Das heisst, das Schengener Abkommen hat den Weg frei gemacht fuer die Einfuehrung von Identitaets- und Chipkarten und ermoeglicht ein totalitaeres Kontroll- und Sanktionssystem gegen AsylbewerberInnen und andere unliebsame Randgruppen. Auch der Schutz der Privatsphaere ist nicht mehr gewaehrleistet. In den USA wurde Phil Zimmermann, Programmierer des email- Verschluesselungsprogramms PGP, bekanntlich wegen Waffenexports angeklagt, als er sein Programm oeffentlich ueber das Internet anbot. Regierungen fordern fuer ihre militaerischen Netze hoechste Sicherheit, die Kommunikation der BuergerInnen soll aber ueberwachbar sein. Ist Verschluesselung der adaequate Weg zur Erlangung der Privatsphaere? Wie laesst sich das mit der Freiheit der Information vereinbaren? Einige Aspekte: - Cypherpunk Movement vs. Freedom of Information - Die "Innere Sicherheit" als Vorwand fuer totalitaere Tendenzen INTERNET-DEMARKETING Der Internet-User-Aufschwung der vergangenen beiden Jahre ist unuebersehbar. Durch guenstigere Zugangsmoeglichkeiten ist es erstmals moeglich, dass eine grosse Zahl an InteressentInnen die Moeglichkeiten internationaler Computervernetzung auszunuetzen. Der medienkolportierte Technopopulismus ist nicht zu uebersehen. Get on the Internet or you're toast, wie es Arthur Kroker zynisch ausdrueckt. Dieser Zwang zur Virtualisierung, Vernetzung wird vor allem durch die Wirtschaft unterstuetzt. Die Forderung nach Praesenz im Internet wird immer staerker in die Tat umgesetzt, und so ist eine I-Verkommerzialisierungswelle im Gang. Das WWW wird mit "Konsumenten-Informationsseiten" ueberschwemmt, die Newsgroups werden mit Werbenachrichten zugemuellt. Auf den verschiedensten Netz-Veranstaltungen tummeln sich Marketing- Agenturen, RechtsanwaeltInnen, die sich auf die Kolonialisation der Netzwerke vorbereiten. Erst kuerzlich hat der Chefredakteur von -Wired-, Louis Rossetto, festgestellt, dass das Zeitalter der Netzutopie, die Zeit der kreativen, anarchistischen Energien der Cyberpunks vorbei ist, und dasses Zeit wird, endlich zur Sache zu kommen. Big money on the way. Der Internet wird als kommerziell attraktives "weltgroesstes Plakat" behandelt. Wirtschaftsgesteuerte Happenings wie das Internet- Caf der "Ifabo 95" (vor allem der Vortrag der SponsorInnen!) versuchen gezielt realitaetsbildend aufzutreten. Kreative, kuenstlerische, unkonventionelle Nutzung des Nets wird totgeschwiegen, unterdrueckt, geleugnet, allein die Moeglichkeiten fuer kommerzielle Nutzung werdenb beschrieben. Als sensationelles Beispiel Geschaeftsbrief per Email und aehnliche "fantasievolle" Anwendungsmoeglichkeiten. Kommerz- Net-Suggestion. Andererseits koennen, zum Teil von den selben HandlangerInnen des Tech-Hypes, immer staerker Stimmen wahrgenommen werden, die sich gegen das bisherige Internet- Konzept auflehnen. Die anarchische, unkontrollierbare Struktur wird kritisiert, vor allem aus Kreisen der technologischen Industrie-Oberklasse und Bereichen wie Marketing und PR wird die Forderung nach neuen Projekten immer staerker. Der derzeitige Aufbau des Nets koenne nicht gezielt fuer Marketingstrategien genuetzt werden. Bekanntestes Traumbild der Wirtschaftstreibenden ist (natuerlich nur fuer die KonsumentInnen, die "virtuelle Klasse" treibt die Corporate- Vernetzung natuerlich voran) der vielumjubelte, dennoch bisher unklassifizierte "Datenhighway" und dessen gepriesener Abkoemmling "Video on demand". Video on Demand als katastrophaler Rueckschritt, der Schritt zurueck auf die Stufe der one-to-many Kommunikation. Als einziges Medien der many-to- many Kommunikation ist das Internet eine zu unstrukturierte, amorphe Masse an Links und Verbindungen. RTL-Chef Thoma stellt zurecht fest, dass im Multimediagetuemmel die AnbieterInnen die KonsumentInnen zu sehr aus den Augen verlieren. Thoma verraet sich und die althergebrachte Medienbranche sehr ungeschickt durch diese Aussage. Der/die KonsumentIn wird aus den Augen verloren, der Versuch der Kontrolle, Manipulation, Verdummung wird zunehmen schwieriger. Der/die UserIn kann fast direkt in die Informationswolke eindringen, ungefilterte Information aus der globalen Diskussion entnehmen, ohne die Selektion einer Vielzahl an Gatekeepers ueberlassen zu muessen. Es muss an gezielten Internet-Demarketing Projekten gearbeitet werden, um endlich klar festzustellen, dass wir diese Revolution nicht auch noch an uns vorueberziehen lassen wollen. Die Moeglichkeiten kreativer, unkommerzieller Nutzung sind unbegrenzt. Das Internet als sozialer, gesellschaftlicher Ort des Kontaktes, nicht als Manipulations und Ausbeutungsorgan einer kommerziellen Medien-Lobby, Ort der friedlichen, kuenstlerischen, kreativen Projekte, nicht als -an other cesspool of greed-, wie es die ILF so treffend andeutete. Es wird Zeit, dass den Bossen von Microsoft, Wired, Spardat, etc. das Ruder aus der Hand gerissen wird, es wird Zeit, dass ihre Machtpolitik aufgezeigt wird, ihre Selbstbeweihraeucherung auf den diversesten Technologie- Veranstaltungen (von "Caf Stein" bis "Austrian Tele-Homeshop") ein Ende hat. Zeit fuer eine Kurskorrektur. Zeit fuer eine Schubumkehr - HYPERTEXT "We intend to destroy all dogmatic verbal systems" - William Burroughs Stellen Sie sich einen Text am Computer vor. Einen Text, bei dem Sie durch anklicken bestimmter Woerter sofort auf ein anderes Dokument springen. Sie lesen das Dokument also nicht mehr linear, sondern benutzen assoziative Verbindungen, um sich ihren eigenen Weg zusammenzustellen. Ein Hypertext ist kein abgeschlossenes Werk, sondern ein offenes Geflecht von Verbindungen, das sich in immerwaehrendem Wandel befindet. Hierarchien loesen sich auf, oben und unten, hinten und vorne verlieren ihre Bedeutung. Im Hypertext gibt es kein aussen, alles ist im Zentrum. JedeR BenutzerIn folgt dem eigenen, individuellen Pfad. Die AutorInnen verlieren ihre Autoritaet, die LeserInnen gewinnen sie, werden selbst zu AutorInnen. Die Identitaet der AutorInnen verliert sich im Geflecht von Dokumenten, sie besitzen den Text nicht laenger. Das Potential dieser Technologie ist kaum abzuschaetzen. Trotzdem ist es nicht leicht, damit umzugehen. Schliesslich hat unsere Kultur seit der Erfindung der Schrift lineares Schreiben und Hierarchie bevorzugt. Wir wollen also einige HT-Projekte vorstellen, dabei jedoch die BesucherInnen der Veranstaltung miteinbeziehen. Der Umgang mit Hypertext koennte unser gesamtes Denken revolutionieren. JedeR sollte daran teilhaben koennen. Moegliche Projekte: - Vorstellung des World Wide Web und dessen kreativer, unkommerzieller Nutzung - Prinzip von HT, zeigen versch. Beispiele (WWW, wie man/frau es garantiert nicht machen sollte) - Erstellen eigener WWW-Seiten durch die BesucherInnen (weg von der Menueform - hin zur Erstellung assoziativer Links) - Hypertext Fiction - nichtlineare Literatur (Moeglichkeiten, Vorstellung von vorhandenen Werken) - HT-Fiction Workshop - Gesellschaftliche Umkehr und Datensicherheit- Patrick Awart (eCE): pawart@cslab.tuwien.ac.at > Internet Demarketing > Johannes Grenzfurthner (monochrom): jg@gromit.ping.at - Hypertext > Thomas Brandstetter (monochrom): tb@gromit.ping.at http://iguwnext.tuwien.ac.at/~ablin/mc <<< ---- --- # distributed via nettime-l : no commercial use without permission # is a closed moderated mailinglist for net criticism, # collaborative text filtering and cultural politics of the nets # more info: majordomo@is.in-berlin.de and "info nettime" in the msg body # URL: http://www.desk.nl/nettime/ contact: nettime-owner@is.in-berlin.de