Martin Warnke on Mon, 3 Mar 2003 10:01:01 +0100 (CET)


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HyperKult 12

analog digital
Kunst und Wissenschaft zwischen Messen und Zählen

Rechenzentrum der Universität Lüneburg
21332 Lüneburg
24.-26.7.2003

Fachgruppe "Computer als Medium"
Fachbereich "Informatik und Gesellschaft" der Gesellschaft für 
Informatik e.V.

Call for Participation

Obwohl Computer keineswegs nur Rechnen oder Zählen, wird ihr Einsatz 
noch immer mit dem Schlachtruf "Digital" gekennzeichnet - im Gegensatz 
zum bloß "Analogen" früherer Medientechnik. Was damit gemeint ist, 
bleibt freilich unklar, es scheint sogar immer unklarer zu werden. Die 
Verwirrungen reichen von sensorischen Zuschreibungen wie dem "warmen 
Klang des Röhrenverstärkers" gegenüber dem "kalten Klang der CD" bis zu 
Grundlagenaussagen wie "Im Computer sind alles letztlich nur Nullen und 
Einsen." Wer damit arbeitet, kann diese schnellen Zuschreibungen 
freilich nicht wiederfinden. Da geht es mehr um präzise Kopierarbeit, 
einheitliche Speichermedien oder programmierte Bearbeitung.

Die Phänomenologie des Digitalen, ehemals von Zahlenreihen auf 
Grünmonitoren, gepixelten Graphiken, von Artefakten wie Aliasing, 
Moiré, Quantisierungsrauschen, den Bächlein des Schriftsatzes und dem 
Sonderzeichenmassaker von 7-Bit- ASCII geprägt, hat sich verändert. 
Ihre Oberflächen verraten nichts mehr von den 'darunterliegenden' 
Codes. Im Gegenteil, die Erscheinungsformen der alten analogen und 
digitalen Medien werden gleich mitsimuliert. Das Bildwackeln und 
-rauschen des Super-8-Films, Vinylknistern, SID-Chip und alter 
8-bit-Sampler, all' dies steht im Effekte-Menu bereit.

Geschwätz über Prozessortakte, Speichergrößen und Übertragungsraten 
verwandelt sich im Überfluss ihrer technischen und ökonomischen 
Verfügbarkeit in einen unaufgeregten täglichen Umgang mit Ressourcen.

Dabei gibt es das Digitale in der Hardware nicht. Die Schaltkreise 
unserer Computer und ihre AD-Wandler sorgen zwar für eine digitale 
Repräsentation der Signale, haben aber selbst noch Kennlinien, die 
steil, aber dennoch keine Treppenstufen sind. Geht es beim Digitalen 
also um Repräsentation, um in Kauf genommene und gewollte Fortlassung 
alles dessen, was zwischen den willkürlichen Levels von Rasterung und 
Quantisierung liegt, mit dem Ziel, danach die so zugerichteten Daten 
als Symbole manipulieren zu können.

Demgegenüber weiss eine Geschichte des Denkens und der Kunst jedoch von 
Praktiken, die von der Umwertung aller Werte, der Dekonstruktion aller 
sicher geglaubten Schemata, des Aufenthalts in verbotenen 
Zwischenbereichen leben, die das Paradoxe nutzen, dem 
alttestamentarischen und rationalistischen Ja-Ja/Nein-Nein misstrauen 
und es sich zwischen den Stühlen bequem machen.

Ist das Digitale noch zu retten? Müssen vielleicht, damit die 
Informationstechnik wieder auf die Höhe der Zeit kommt, erst 
Quanten-Computer kommen, die vielleicht besser analog zu interpretieren 
sind?

Wissenschaftliche, technische und künstlerische Beiträge, die sich der 
Leitdifferenz des Analogen und des Digitalen stellen, sollen auf der 
HyperKult 12 eine Rolle spielen.

Termine
Senden Sie bitte ein- bis zweiseitige Zusammenfassungen Ihres Beitrags 
zum Workshop HyperKult 12 (wissenschaftliche Vorträge, Demonstrationen 
technischer oder künstlerischer Art)

bis zum 31. März 2003 an

Universität Lüneburg
Rechenzentrum
HyperKult
21332 Lüneburg

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