Tilman Baumgaertel on Thu, 22 Apr 1999 17:51:46 +0200 (CEST)


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<nettime> Dead Mailboxes


Hi!

The following piece was published in todays german left-wing daily "die
tageszeitung". It is called "The Dead Mailboxes of Belgrad" (shiver!) and
claims that the yugoslawian secret police accesses the private email of
people in Yugoslawia, sometimes simply witholding them, sometimes actually
changing their content. According to the article agents of Milosevitch are
busy manipulating email messages coming from Yugoslawia - not only stuff
from local servers, but also mail that was send via Eunet or even Hotmail. 

Sounds like a great conspiracy theory! The writer fails to identify any
sources for this story, but I am still curious: has anybody encountered
anything like that? (Well, for the unlikely case that this is true, how
could anybody write an honoest email about it? PARANOIA!!!)

Yours,
Tilman 

...................
I think, 
and then I sink
into the paper 
like I was ink.
Eric B. & Raakim: Paid in full

Tilman Baumgaertel, Hornstr. 3, 10963 Berlin, Germany
Tel./Fax. +49(0)30-2170962, email: 100131.2223@compuserve.com
http://ourworld.compuserve.com/homepages/Tilman_Baumgaertel/

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from:
http://www.taz.de/tpl/1999/04/22.fr/tbox?Ueber=&Tname=a0115&idx=1&re=is&qu=T
AZ&mon=


Tote Briefkaesten im Netz von Belgrad

Serbische Newsgruops werden zensiert - Miloevic' Beamte schreiben auch mal eine
private Mail in ihrem Sinne um, und in der Presse wird vor westlichen Agenten
gewarnt, die das Internet mit Falschmeldungen bombardieren

"Die melden sich einfach nicht mehr", schimpft einer in einer Newsgroup.  Eine
andere Surferin pflichtet dem bei. "Kein Lebenszeichen, was ist los?" schreibt
sie. So fabelhaft modern Internet-Verbindungen auch sind, truegerisch sind sie
dennoch. Das Mail-Programm oder der Browser laesst nicht ohne weiteres erkennen,
ob die Funktionsstörung auf höhere Gewalt oder auf Zensur zurueckzufuehren ist.

Beides ist zur Zeit zu vermuten, wenn es sich um serbische Newsgroups handelt.
Die Bomben der Nato haben grosse Teile der Kommunikationsstrukturen getroffen.
Ebensooft aber sorgen die serbischen Behörden fuer tote Briefkaesten. Die
Betroffenen ahnen zunaechst nicht, wundern sich aber. Zwar nehmen ihre
Zugangsrechner in Belgrad noch immer fast jede Mail an. Nur lassen sie nichts
mehr hinaus - fast nichts mehr.

So sind denn auch Webseiten, die sich kritisch mit Miloevic auseinandersetzen,
heute in Belgrad immer noch fuer alle lesbar, die ueberhaupt einen Anschluss ans
Netz haben. Aber die gewöhnliche "mail to"-Funktion versagt - allerdings nicht
auf den ersten Blick. Das Mailprogramm arbeitet wie immer. Der Text wird
schliesslich auch noch auf dem eigenen Rechner als "abgeschickt" markiert. Beim
Provider aber bleibt er liegen.  Der Absender merkt nichts davon, denn anders
als bei bloss technischen Störungen unterbleibt diesmal die Standardrueckmeldung
des Kontenrechners, dass die Mitteilung nicht habe an den Adressaten geschickt
werden können.

Damit nicht genug. Noch pefider ist, dass die Provider vor Ort die
E-Mail-Sendungen ihrer Kunden offenbar nicht nur fleissig lesen, sondern auch
noch manipulieren.  Plötzlich kommt nach Tagen aus Belgrad eine angeblich von
einem Computerfreak abgeschickte Nachricht tatsaechlich doch im System des
Empfaengers an. Aber der Belgrader Absender beteuert nach telefonischer
Rueckfrage glaubwuerdig, er habe seine Botschaft in etwas anderen Worten
verfasst, als sie ankam - offensichtlich hat eine unsichtbare Hand den Text
umgeschrieben.

Diese Form der Zensur ist inzwischen nicht mehr auf den serbischen Teil des
Internets (Srbija.yu) begrenzt. Davon betroffen sind auch internationalen
Provider wie Eunet oder Microsofts Mailserver "Hotmail". Deren Belgrader
Knotenpunkt wird seit Beginn des Nato-Krieges gegen Serbien manipuliert, ob aus
Gruenden der Selbstzensur oder durch direkte Eingriffe des Regimes, ist unklar.

Hinweise auf staatliche Manipulationen finden sich aber in der heimischen
Presse, die offen vor "nachrichtendienstlichen Taetigkeiten" auch im Internet
warnt. Vor allem die Tageszeitung Politika Ekspres nimmt sich dieses Themas
ausfuehrlich an: "Mit den modernen Mitteln der Kommunikation versuchen westliche
Spione seit Tagen logistische Unterstuetzung an die Nato-Zentralen im Westen
durchzugeben. Sie bombardieren Newsgroups mit fingierten Leserbriefen, die nur
fuer Insider zu entschluesseln sind. Da steht etwa das Wort Gaensebluemchen fuer
Bombe, Kaffeetrinken fuer Angriff. Doch wir sind achtsam und erfolgreich beim
Aufspueren heimischer Spionageringe."

Nach Meinung der Zeitung greifen "westliche Agenten" deshalb fast
ausschliesslich auf das Internet zurueck, weil die Kommunikation mit Hilfe von
Funkgeraeten oder Telefonen immer schwieriger werde. In der Tat sind viele
Telefonleitungen Richtung Belgrad entweder ueberlastet, oder sie funktionieren
nicht mehr, manch einer hat seit Wochen keinen direkten Kontakt mehr zu seinen
Freunden in Serbien. Das soll jedoch auch damit zusammenhaengen, dass immer
weniger Menschen ueberhaupt zum Telefonhörer greifen oder dass sie ihren
Anschluss abgeschaltet haben, um nicht in Verdacht zu geraten, "fuer die Nato
zu spionieren". Denn das staatliche Radio und Fernsehen werden nicht muede,
immer neue Faelle von "aufgedeckter Spionagetaetigkeit" zu praesentieren. Der
Hinweis, die Agenten haetten mit drakonischen Strafen zu rechnen, wirkt
hinreichend abschreckend. 

					      Karl Gersuny ,/B' gersuny@taz.de


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