Andreas Broeckmann on Tue, 7 Mar 2000 11:03:00 +0100 (CET)


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[rohrpost] International Drug Film Festival, 24.07.2000, Hannover/D


International Drug Film Festival

24.07.2000, Cinemaxx Hannover/D

Interior perspectives of the craze, drug fates in films and the psychedelic
effects of films are the topics of the films, which are shown on 24.07.00
during the International Drug Film Festival in the Cinemaxx Hanover. The
all day Festival offers the possibility to drop from the discourse about
"Drug and Substance Abuse" into the worlds of addicted, to experience
"personally" how it is to be addicted. Discussions with directors and
actors will make clear the special quality of cinematic operating about
addiction and psychedelic drug effects.

For further information: http://www.mh-hannover.de

Contact: Jann Schlimme <schlimme.jann@mh-hannover.de>



DROGENFILME/DROGENSCHICKSALE IM FILM

Nicht jeder, der Drogen nimmt, wird süchtig. Was aber, wenn doch? Wie ist
es, süchtig zu sein? Einfache Antworten sind meist zu einfach, komplexe
Antworten versteht kein Mensch mjehr. Filme können Antworten geben, die
sowohl eindringlich als auch vielschichtig sind. Das versteht jeder, wenn
auch jeder anders. Gerade dadurch, daß jeder Zuschauer den Film selbst
erleben muß, bietet sich diese Möglichkeit im Film. Aber es bleibt die
Frage, ob das denn auch alles stimmt, was da gezeigt wird? Nicht jeder Film
kann alles zeigen, nicht jeder Film ist frei von anderen Aussagen, die noch
transportiert werden sollen. Zwanghafte Gier und Full-time-job, Über den
Dingen stehend im Dreck versunken, quälende Entzugserscheinungen und
Todessehnsucht... Im Kaleidoskop des Süchtigen zwischen dämonischer
Besessenheit und eudämonischer Verrückung bieten Filme Antworten und werfen
weiterreichende Fragen auf. Lebensstil, Gesellschaftselend, kreative
Subkultur und Opferstatus. Wir haben drei Kategorien gebildet, in denen
sich dieses Spektrum wiederfindet: “Drogenfilme", “Drogenschicksale im
Film" und “Film als Psychedelicum". Drogenfilme zeigen zumindest im Ansatz
die Innenperspektive des Süchtigen oder noch nicht süchtigen
Drogenkonsumenten auf, wohingegen Drogenschicksale im Film diese zugleich
als eine weitergreifende Parabel nutzen. Zwar besteht die Gefahr, daß
Drogenschicksale im Film zur Parabel instrumentalisiert werden, diese wird
damit aber oftmals in ihrer gesellschaftlichen Aussage bedeutsamer.
Verzerrungen im Drogenfilm schwanken hingegen manchmal um das
innenperspektivische Verständnis des Süchtigen. Die dritte Katgeorie
betrifft den Film als psychedelisches Medium, der Film als Droge (s.u.).
Oftmals sind Filme der ersten beiden Kategorien auch als Psychedelica
wirksam, so daß der Eindruck entsteht, sie seien für alle drei Kategorien
geeignet. Dies ist keineswegs ein Nachteil, sondern spricht für die im Film
mögliche Vielfalt und Tiefe für Fragen nach Sucht sowie “Rausch und
Realität" und zeigt, wie nahe diese Themen in der Sucht beeinander sind.

(Text: Jann Schlimme)



FILM ALS PSYCHEDELICUM

Die Fesselung im Kinosessel erlaubt - wie gelegentlich auch beklagt wird -
Erlebniswelten, in denen der Charakter des Films als “Film" verschwindet.
Der Versuch, diese Induktion einer “Filmwelt" als reine Phantasie oder
irreale Welt abzutun ist zumeist der unbeholfene, da nachträgliche Versuch,
die Frage “In was für einem Film bin ich denn hier?" doch noch zu
beantworten. Andererseits deckt diese Frage die Notwendigkeit auf, das
Hinüberspringen aus der “Filmwelt" in die sonst herrschenden Realitäten zu
leisten und gerade in diesem sprunghaften Zusammenspiel die Vielfalt der
eigenen Menschlichkeit zu entdecken. So gesehen ist der Film ein Rausch.
Denn in gewisser Hinsicht ist gerade dieses sprunghafte Zusammenspiel von
“Rausch und Realität" die Aufgabe - aber auch die Gabe -, die
Rauscherlebnisse an uns stellen. Also, der Film als Rauschmittel? Kann man
davon sogar süchtig werden? Filme können aufgrund dieser Eigenarten sowohl
selbst als Psychedelica wirken, aber andererseits auch Rauschrealittäen
“Filmwelt" werden lassen. Um diese Kombination geht es in den Filmen, die
hier in der Katgeorie “Film als Psychedelicum" zusammengestellt wurden. Das
Überschneiden von Rausch und rauschartig imponierender “Filmwelt"
ermöglicht dem Zuschauer Räusche, ohne einer anderen Sucht verfallen zu
müssen. Er kann Sehnsüchte und Suchprozesse verwriklichen, unbekannte
Räusche erleben, Neues über sich selbst erfahren - aber er kann solchen
Filmen auch verfallen. Dieses jedem Zuschauer ureigene Aufdecken des
Zusammenspiels drückt sich in der Unterschiedlichkeit der Filme aus: vom
Trip zum Horror, von der Identitätssuche zur Nichtunterscheidbarkeit von
“Rausch und Realität", von Erlösung bis Auflösung.

(Text: Jann Schlimme)


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