Horst Bellmer on 6 Sep 2000 02:10:59 -0000


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[rohrpost] gute n!achtstrom...


[sfv-rundmail] 4.9.00 Selbstmord-Strategie der Stromwirtschaft

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitstreiter,

wir erhielten in den letzten Tagen mehrere Anrufe mit der
Mitteilung, dass der Anrufer nach dem SPIEGEL-Artikel vom
25.8.00 den Bau seiner großen PV-Anlage zurückstellen wolle.

Dies ist Anlass für die folgende Rundmail...

In dem genannten Artikel wird für September 2000 ein Urteil des
Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gegen den Weiterbestand des
deutschen Gesetzes zum Vorrang der Erneuerbaren Energien (EEG)
angekündigt. Wir haben dazu bereits eine Richtigstellung von
Hans-Josef Fell MdB per sfv-rundmail versandt.

Wer ohne Kenntnis der Hintergründe den SPIEGEL-Artikel gelesen
hat, der kommt überhaupt nicht auf die Idee, dass ein
renommiertes Blatt in diesem Fall einer gezielten
Fehlinformation aufgesessen sein könnte.

Wir selber, durch langjährige trübe Erfahrungen gewitzt, haben
sofort beim EuGH nachgefragt, und siehe da: Dort liegt noch
nicht einmal eine Klage gegen das EEG vor, von einem Urteil
kann also erst recht nicht die Rede sein!

Wer die Strategie der Stromwirtschaft gegen den Ausbau der
erneuerbaren Energien kennt, wird sich durch "Schreckens-
meldungen" wie die aus dem SPIEGEL nicht so leicht
aus derFassung bringen lassen. Es scheint mir deshalb wichtig,
Ihnen einige Hinweise zu diesem Thema zu geben. Die folgende
Aufzählung aus dem Repertoire der Stromwirtschaft soll Sie
zumindest nachdenklich stimmen.


- Europäische Bestimmungen als Vorwand

Kein Stromversorger wagt es mehr, öffentlich gegen die
Nutzung der Erneuerbaren Energien aufzutreten. Er sucht
deshalb nach einem Vorwand, warum das fortschrittliche
Deutsche Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien
(EEG) "leider" (Krokodilsträne!) nicht genutzt werden darf.

Dabei gibt es ein abgekartetes Zusammenspiel zwischen der
Stromwirtschaft und der Europäischen Wettbewerbskommission,
dort speziell Alexander Schaub (FDP), der auf Wunsch der
Stromwirtschaft willig Schreckensmeldungen streut.

Es geht weniger darum, das EEG tatsächlich durch den
europäischen Gerichtshof aufheben zu lassen (dafür gibt es
sachlich wohl kaum einen vernünftigen Grund), sondern es geht
um die Erzeugung von Unsicherheit bei potentiellen Betreibern.


- Bremsen durch Zermürbung des 100.000 Dächerprogramms.

Hier wird der Attentismus (Attentismus = zwanghaftes Abwarten)
der potentiellen Betreiber genutzt. Der Barwert des 100.000
Dächerkredits liegt inzwischen weit unterhalb 10 % der
Investitionssumme, doch warten die meisten Interessenten immer
noch lieber ein Jahr oder länger, um auch noch diese Möglichkeit
mitzunehmen.

Hier spielt das BMWi die Karte der Stromwirtschaft, indem es
mögliche Kreditbewilligungen ohne sachliche Notwendigkeit in
die Zukunft verschiebt. Anträge, die jetzt eingereicht werden,
sollen voraussichtlich erst Mitte oder Ende 2001 bewilligt
werden. Als Grund wird vorgeschoben, man wolle eine Überhitzung
des Marktes vermeiden. Wer sich mit Installateuren unterhält,
wird feststellen, dass von einer Überhitzung überhaupt nicht
die Rede sein kann. Im Gegenteil, Verzweiflung macht sich
breit, weil ein potentieller Kunde nach dem anderen entnervt
durch die Faxen beim 100.000 Dächerprogramm von seinem Auftrag
zurücktritt.


- Einspeiseverträge mit unzumutbaren Vertragsbedingungen

Die Stromwirtschaft nutzt die Tatsache, dass das EEG keine
Strafbestimmung für den Fall der Nichtbefolgung vorsieht. Es
werden Einspeiseverträge mit unzumutbaren Vertragsbedingungen
angeboten. Jüngst berichtete z.B. ein Anlagenbetreiber erbost,
sein Netzbetreiber habe ihm eine Einspeisevergütung von
6 Pf/kWh für Nachtstrom (aus Solarenergie, ha, ha!)
und 12 Pf/kWh für Tagstrom vorgelegt.

Von weit über 100 Einspeiseverträgen, die unsere Rechtsanwältin
überprüft hat, gab es kaum einen einzigen ohne Beanstandungen.

Zahlungen der Netzbetreiber erfolgen nur unter Vorbehalt.
Die Laufzeit der Vergütung wird entgegen der Intention des
Gesetzgebers auf weit unter 20 Jahre festgesetzt
und viele Mängel mehr.

Netzbetreiber weigern sich sogar, die Anlagen anzuschließen,
wenn der Vertrag nicht in ihrem Sinne unterzeichnet wird.


- Stimmungsmache gegen das EEG bei den Stromkunden

Einige Stromversorger teilten jüngst ihren Kunden eine saftige
Preiserhöhung um 10 DM im Grundpreis und 1,5 Pf/kWh im
Arbeitspreis mit.

Begründung: diese Preiserhöhung würde durch das EEG verursacht.

Die Behauptung ist falsch, und jeder könnte es überschlägig
nachrechnen, wenn er die Rahmenbedingungen kennt:

   2 % Windstrom im öffentlichen Netz
   Mehrkosten für Windstrom ca. 15 Pf/kWh
   15 Pf/kWh * 2 % / 98 % = 0,3 Pf/kWh


   50 MW installierte Solaranlagen mit Netzeinspeisung in
   Deutschland macht Solarstromerzeugung
   jährlich 800 * 50 000 kWh = 40 000 000 kWh

   Gesamte Stromerzeugung der BRD 519 000 000 000 kWh
   Anteil der Solarstromerzeugung mithin unter 0,01 %

   Mehrkosten für Solarstrom ca. 65 Pf/kWh
   (Solarstrom wird schwerpunktmäßig um die Mittagszeit erzeugt
   und ersetzt somit teuren Spitzenlaststrom.) Wir rechnen hier
   trotzdem großzügig mit 97 Pf/kWh

   97 Pf/kWh * 0,01 % / 99,99 % = 0,0001 Pf/kWh

Also Mehrkosten für Wind plus Solar
0,3 Pf/kWh + 0,0001 Pf/kWh = ca. 0,3 Pf/kWh.

Nicht aber, wie fälschlich behauptet 1,5 Pf/kWh.


Psychologisch besonders geschickt der Schluss-Satz zu der
wahrheitswidrigen Preiserhöhungs-Begründung: "Schließlich 
werden wir alle davon profitieren, da die zusätzlich
erwirtschafteten Gelder nur einem Zweck dienen: Der
Verbesserung der Umwelt und der klimatischen Verhältnisse.
Eine Verbesserung, die jeden einzelnen positiv betrifft."


- Einflußnahme der Stromversorger auf die Banken

Banken erhalten "wohlgemeinte" Warnungen, dass sie Kredite
für die Finanzierung von Windanlagen evtl. nicht zurückerhalten
würden, weil es fraglich sei, ob das EEG vor dem EuGH
Bestand haben würde.


- Einflußnahme auf die Presse

Zwar liegt überhaupt keine Klage gegen das EEG beim EuGH
vor, aber der SPIEGEL berichtet über ein Urteil, welches für
den September zu erwarten sei, und das EEG kippen würde.

Die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 26.8.00 käut auf
Seite 3 in spektakulärer Aufmachung die bekannten, längst
widerlegten Vorurteile gegen die Windenergie wieder.


Soweit unsere sicherlich lückenhafte Aufzählung.


Und was können wir dagegen tun?

Wichtig ist zunächst einmal zu erkennen, wie stark unsere
Position ist:

Die Stromwirtschaft ist dabei, ihr Ansehen in der
Öffentlichkeit gründlich zu verspielen. Wer immer wieder
lügt, dem glaubt man schließlich nicht mehr.

Wir haben den großen Vorteil, dass wir nicht zur
Wahrheitsverdrehung greifen müssen. Wir brauchen unsere
wahren Ziele nicht zu verbergen.

Deshalb lassen Sie sich nicht ins Bockshorn jagen!
Fragen Sie nach! Schweigen Sie nicht!
Diskutieren Sie das Thema im Bekanntenkreis!
Schreiben Sie Leserbriefe!
Wenden Sie sich an Politiker, wenn Sie die
Gelegenheit sehen!

Wichtig ist Öffentlichkeit!!!

Es geht um die Meinungsführerschaft zur Energiewende.


Mit freundlichen Grüßen
Wolf von Fabeck
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