Krystian Woznicki on 22 Dec 2000 22:43:19 -0000


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Re: [rohrpost] ojemine!


Date: Thu, 21 Dec 2000 17:29:34 +0100 (MET)

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"Das Deutsche Kulturportal": Abgang als Surfer - Naumanns letzte Tat
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Preiswertes Abschiedsgeschenk des ersten Staatsministers
für Kultur und Medien: Michael Naumann stellte "eine
Informations- und Serviceplattform" für Kulturfans im
Internet vor.

Von Holger Kulick

Als hätten ihn schon alle abgehakt. Keine weiteren Fragen
mehr an Michael Naumann, Deutschlands ersten Staatsminister
für Kultur und Medien, heute am Ende seiner letzten
Pressekonferenz. Denn ab 31. Dezember lässt der zukünftige
"Zeit"-Chef sein Amt hinter sich. Dann beginnen zehn
kulturhoheitsfreie Tage im Kanzleramt, und erst am 10.
Januar wird sein Nachfolger, Julian Nida-Rümelin, ins Amt
eingeführt. Wie ein Abschiedsgeschenk wirkt, was Naumann
per Leinwandprojektion präsentieren lässt: das
www.kulturportal-deutschland.de, sicher eine von
Deutschlands preiswertesteten Kultureinrichtungen. Nur
85.000 Mark habe es gekostet, die "Informations- und
Serviceplattform" für Kulturfans im Internet einzurichten,
auf der Naumann "mindestens 100.000 Besuche im Monat"
erwartet.

Plattform für Kultur mit Ausbauperspektiven

Ab heute sind dort Links zu Kultureinrichtungen des Bundes
und der Länder abrufbar, zu Museen, Stiftungen, Archiven,
Literaturhäusern und anderen Kultureinrichtungen. Nach
Überwindung aller Kinderkrankheiten soll auch die
Vernetzung über Deutschlands Grenzen hinweg erfolgen, und
auch Mehrsprachlichkeit wird angestrebt. Eigene
Pressearbeit wird ebenfalls verkauft ("Deutschland schreibt
sich mit .de"), und zugleich finden Einrichtungen wie der
Kulturrat, die Deutsche Welle und sogar die Deutsche
Presse-Agentur eine Plattform. Die Pflege der Seiten liegt
weitgehend bei einer Mainzer Agentur ("Tel-A-Vision"), die
Oberhoheit beim Staatsminister. Reingeredet werden soll in
Texte aber nicht, schließlich sei dies eine Plattform für
Kulturanbieter und nicht meinungsmachendes Kulturorgan.
Noch klappt nicht alles (die Suchfunktion etwa oder der
Terminkalender), und selbst bei der Vorführung gelingt es
nicht, jeden Link rasch aufzurufen. "Und das also ist der
Server des Bundespresseamts", stöhnt Naumann, woraufhin ihn
beim Umtrunk danach ein Mitarbeiter korrigiert: Das liege
doch nur hier an der internen Verbindungsstrecke
Bonn-Berlin, die sei immer überlastet.
"Noel, Noel" statt "Eigenlob" zum Abgang
Dann drängeln sich doch ein paar Reporter, von deren
Fragen Naumann so manche abblitzen lässt. Seine
Erfolgsbilanz? Nein, dazu will er nichts mehr sagen, sonst
würde das sofort als "Eigenlob" ausgelegt. Stattdessen wird
Naumanns schönstes Berliner Kulturerlebnis in Erfahrung
gebracht ("'Tristan und Isolde' in der Staatsoper") und wie
Naumann Weihnachten verbringe. Er singe "Noel, Noel" in
seiner zweiten Heimat Massachusetts/USA und stimmt es sogar
leise an. Ein menschelnder Abgang. Nur die Fernsehsendung
3sat-"Kulturzeit" bekommt eins auf die Rübe, höflich wird
deren Reporterin ein Interview verweigert, weil Naumann
missfiel, wie aus Mainz - nicht unvoreingenommen - über
seinen Abgang berichtet wurde. Wie das so mit Vorurteilen
wäre, ob er welche vor der Politik verloren habe, aber vor
seinen Berufskollegen, den Journalisten, gewonnen? "Ja"
betont er deutlich im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE, "das
können Sie so stehen lassen." (Ein ausführlicheres
Interview folgt.)

Bürgermeister in Berlin? Das war Schröder!

Den Berlinern wird er am Abend noch einmal zeigen, was
Hauptstadt-Kulturpolitik bedeutet, dann, wenn sich Berlins
Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen von ihm, dem
Bundeskanzler und dem Sammler Heinz Berggruen einrahmen
lassen muss. Im Schloss Charlottenburg wird feierlich
Naumanns allerletzte Tat per Unterschrift besiegelt, und
die unschätzbare Bildersammlung Berggruens geht nach
Berlin. Naumanns Engagement hatte Diepgen regelrecht
brüskiert. Wollte Naumann nicht dessen Nachfolger werden?
Nein, "das war Schröder", der habe das einmal lanciert,
"aber nur um die Berliner SPD zu ärgern". Diepgen habe ihn
dann aber angerufen und gefragt: "Ist das nicht ein
bisschen früh?" Nein, eher zu spät, habe Naumann entgegnet,
denn für diese Stadt müsse ein Kopf sehr viel jünger und
dynamischer sein, "so um die 40, das wär' gut". Spitz kann
er schon sein, der künftige Ex-Minister. Ob er's bleibt?
Die "Zeit" wird's zeigen.

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(C) SPIEGEL ONLINE - 21. Dezember 2000, 15:00
Den Artikel erreichen Sie im Internet unter der URL
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,109064,00.html

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Zum Thema:
Im Internet: - Das Deutsche Kulturportal - Homepage
http://www.kulturportal-deutschland.de/1024x768/index.html


 >Ja, schönen Dank Herr Dr. Michael Naumann. Das haben wir noch
>gebraucht....
>
>staatstragend, elitär, abwaschbar....
>
>Aber: schöne Link-Listen....
>
>gruß und frohes fest
>lotar
>
>Reinhold Grether schrieb:
> >
> > http://www.kulturportal-deutschland.de/


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