Steinberger Peter on 1 May 2001 11:25:52 -0000


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AW: [rohrpost] Generation 64


Und weil, wie wir hier sehen, Nostalgie etwas schönes ist gibts vom 18.-26.
Mai in Wien im WUK Electronic Kindergarten; Ausstellung, Filmreihe,
Symposium und Workshop.
www.dvision.at

lg
p

PS: Wien liegt in Österreich, welches seinerseits an u.a. Deutschland
angrenzt, welches wiederum Teil europas ist, ...

> -----Ursprüngliche Nachricht-----
> Von: majordomo@openoffice.de [mailto:majordomo@openoffice.de]Im Auftrag
> von Tilman Baumgaertel
> Gesendet: Dienstag, 29. Mai 2001 21:56
> An: rohrpost@mikrolisten.de
> Betreff: [rohrpost] Generation 64
>
>
>
>
>
>
> Berliner Zeitung
>                                                                    Montag,
> 30. April 2001
>
>
>
> Generation 64
>
> Auf dem Vintage Computer Festival in München treffen sich hart gesottene
> Computer-Sammler
>
> Tilman Baumgärtel
>
> Der VAX ist 20 Jahre alt; Frederik erst 15. Trotzdem spielt er auf der
> Kiste "wie ein junger Gott". Das sagen
> zumindest die anderen und sehen ihm bewundernd zu, wie Frederik auf die
> Tastatur einhackt. "Als ich sechs Jahre
> alt war, hat mein Vater einen VAX nach Hause gebracht. Als ich das große
> Ding bei uns im Keller sah, wollte ich
> es unbedingt ausprobieren", sagt er. Heute kann er mit dem Gerät besser
> umgehen als viele Profis.
>
> Viel nützt es ihm nicht. Denn der VAX ist ein Computer, der nicht mal mehr
> Schrottwert hat. Noch vor zehn
> Jahren kostete ein VAX zwischen 30 000 und 150 000 Mark. Obwohl er auch
> einen neuen PC hat, kann
> Frederik sich nicht von der Kiste trennen: "Mit dem VAX kann man Sachen
> machen, die manche Computer heute
> nicht können."
>
> So groß wie ein Koffer
>
> Wie Frederik geht es allen, die am Wochenende in die Turnhalle des
> Sportvereins München Ost gekommen
> waren. Über 300 Teilnehmer haben ihre alten Computer in den
> Münchner Vorort
> Berg am Laim getragen, um sie
> Gleichgesinnten vorzuführen. Auf langen Tischreihen türmt sich dort eine
> Artenvielfalt von ausgestorbenen
> Rechnern, an die sich nur noch wenige erinnern, die bei ihren Benutzern
> aber wehmütige Nostalgie auslösen.
>
> Viele Computer sind staubig, die Farbe der Gehäuse ist zerkratzt, statt an
> einen Monitor muss man sie an einen
> Fernsehbildschirm anschließen. Dort strahlen keine buntes Interfaces,
> sondern oft nur grüne oder bernsteinfarbene
> Buchstaben. Statt mit der Maus auf Symbole zu klicken, müssen die User
> kryptische Befehle eingeben; die Daten
> werden nicht auf Disketten, sondern auf Kassetten oder Lochstreifen
> gespeichert. "Tragbare" Computer aus den
> Siebzigern haben das Format von Samsonite-Koffern.
>
> Der erste Computer, der Anfang der achtziger Jahre einen Massenmarkt
> erreichte, war der Commodore 64, weil
> er vergleichsweise billig und leicht zu bedienen war.
> Hunderttausende, wenn
> nicht Millionen von Menschen kamen
> als Teenager mit der hellbraunen Box in Berührung, die wegen ihrer
> eigenartigen Form von ihren Fans die
> "Brotkiste" genannt wurde. Für eine ganze Generation war er die
> Einstiegsdroge in die Computerei.
>
> In Westeuropa haben in den Achtzigern pubertierende Jungs nächtelang auf
> die dunkelbraunen Tasten des C 64
> eingehackt, die ersten Computerspiele gespielt, mit primitiven Programmen
> eigene Kompositionen aus quäkenden
> Klangbausteinen zusammengefrickelt. Auf der Suche nach dieser
> Zeit sind die
> Vertreter dieser Generation 64
> nach München gekommen.
>
> Dort finden sie nicht nur den VC 64 wieder, sondern auch viele andere
> Minicomputer, die damals erfolgreich
> waren, an deren Hersteller sich aber nach 20 Jahren niemand mehr erinnern
> kann: Acorn, Osborne, Sinclair,
> Atari, Amiga - die meisten von ihnen haben weniger Rechenpower als die
> Mikrochips, die heute in Handys und
> digitalen Uhren eingebaut sind. Doch ihre Namen lösen bei den Eingeweihten
> genauso große Begeisterung aus wie
> sie beim Rest der Gesellschaft auf Verständnislosigkeit stoßen.
>
> "Retro-Computing" nennt sich die Bewegung, die sich dem Sammeln und Erhalt
> von historischen Rechnern
> verschrieben hat, etwa 1 000 eingefleischte Computernostalgiker soll es in
> Deutschland geben. Manche sind
> bereit, für ihre digitale Archäologie viel Geld auszugeben. Beim
> Internetauktionshaus Ebay feilschen die Fans um
> rare Geräte und bieten für die antiquierten Kisten mehr als den Neupreis.
> Einer der seltenen Apple I kann für 30
> 000 Dollar dem Besitzer wechseln.
>
> "Solche Preise sind aber viel zu hoch", sagt Hans Franke. "Wenn man alte
> Computer sammeln will, muss man nur
> in Mülleimern suchen." Franke ist der Organisator der
> Antiquitätenmesse für
> Computer, die zum zweiten Mal in
> Deutschland stattfindet. 1996 reiste er zum ersten Vintage Computer
> Festival in Kalifornien. Als er zurückkam,
> wollte er eine ähnliche Veranstaltung in Deutschland einrichten. Zu der
> Show in den USA, die in diesem Jahr zum
> fünften Mal stattfindet, kommen inzwischen 5 000 Sammler aus der ganzen
> Welt. Franke, der hauptberuflich bei
> Siemens in der EDV arbeitet, hat schon über 300 Computer zusammengetragen,
> die er in einem 100
> Quadratmeter großen Lagerraum unterstellt. Jetzt sucht er einen Raum, in
> dem er mit seinen Computern ein
> Museum einrichten kann.
>
> "Die erste Liebe hält am längsten", sagt Frank Dachselt, der aus Dresden
> zum Vintage Computer Festival
> gekommen ist. In den achtziger Jahren entdeckte er im Computerkabinett
> seiner Schule einen KC 87, der von der
> DDR-Computerschmiede Robotron hergestellt wurde. Heute ist er Mitglied im
> "KC-Club", dessen 80 Mitglieder
> in ihrer Freizeit immer noch an dem einstigen ostdeutschen
> Renommier-Computer herumschrauben. Einmal im
> Jahr treffen sie sich und zeigen ihre neueste Basteleien: Dachselt hat an
> seinen KC gerade einen brandneuen
> Scanner anmontiert.
>
> "Die Retro-Computing-Szene in Deutschland ist wahrscheinlich die größte in
> Europa", sagt Michele Perini. "Etwas
> Vergleichbares gibt es nur noch in den Niederlanden. Wenn wir so ein
> Treffen bei uns machen würden, kämen
> wahrscheinlich nur zehn, zwanzig Leute." Der Italiener ist mit fünf
> Freunden aus Desenzano extra für das Vintage
> Computer Festival nach München gereist. "Wir leiden alle unter
> der gleichen
> schrecklichen Krankheit", sagt einer
> von ihnen und grinst. Wenn man Perini glauben darf, hat er die größte
> Sammlung von alten Computern in ganz
> Italien; sein Freund, der neben ihm steht, die zweitgrößte.
>
> Geschichte bewahren
>
> In den siebziger und achtziger Jahren - bevor Windows und die
> Personalcomputer von IBM ihren Siegeszug
> antraten - gab es in Europa noch verschiedene, nationale Computer-Szenen,
> sagt Perini. "Den Commodore 64
> gab es auch bei uns in Italien, aber in Deutschland waren auch
> viele Leute,
> die mit Atari- und Amiga-Computern
> gearbeitet haben. Die hatte bei uns fast niemand. In Deutschland
> gibt es ja
> sogar heute noch Leute, die
> Programme für den Atari schreiben!"
>
> Retro-Computing mag Außenstehenden spleenig erscheinen. Aber die
> Computersammler retten mit den alten
> Maschinen auch ein digitales Kulturgut, das ohne sie in Kellern oder auf
> Müllhalden verschwinden würde. "Wir
> bewahren Geschichte", sagt Michele Perini. Auch er will in Italien ein
> Computermuseum gründen: "Und dann
> müssen alle Schulklassen kommen, um zu sehen, wie der Computer, mit dem
> heute jeder arbeitet, entstanden ist."
>
>
> http://www.BerlinOnline.de/aktuelles/berliner_zeitung/multimedia/.
html/34370
.html


Vintage Computer Festival
www.vintage.org





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