info on Wed, 21 Nov 2001 22:15:52 +0100 (CET)


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[rohrpost] Potlatsch #9


guten tag.
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serverfestival_2002
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http://lists.minordomo.org/serverfestival_2002/index.php
http://www.b0rderline.f2s.com/

idm-tool
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http://www.influxus.net/praxis/idmtool/index.htm
http://www.idm-tool.f2s.com/start/start.pl
http://www.idm-tool.f2s.com/webcal/webcal.cgi

helikopter hysterie
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http://www.influxus.net/idmtool_lib//vor_helicopter.htm
http://www.octopusweb.org/
http://www.neoismus.org/emils71/heli.htm

suprematismus
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http://www.suprematismus.de

monoseuche
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http://www.monoseuche.de
webmicro-project:
description=working_space_stream | live aus dem monoseuchen_studio | no
webcam | only webmicro | nicht wirklich 24 stunden am tag, nicht wirklich
7 tage die woche | listen to:
http://ogg.radiostudio.org:8000/monoseuche_working.ogg

netzkunst
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http://www.influxus.net/idmtool_lib//netzkunst.htm

Netzkunst, Version 1.0 beta
multifiction://intershop
im, mit oder gegen den strom?
streaming media im www - zwischen kunst, kulturindustrie und kommerz
Fachtagung in der Reihe interfiction
im Rahmen des 18. Kasseler Dokumentarfilm und Videofests
Kassel, 14.11.-18.11.2001
01
Netzkunst ist zwischen Netzkritik und Netzwissenschaft angesiedelt.
Netzkunst kann ohne Netzwerk (egal ob off- oder online) nicht existieren.
Netzkunst (er)schafft, erforscht, bearbeitet bzw. zerstört Netz(Werke).
Dazu erfindet bzw. nutzt der Künstler/die Künstlerin Ausdrücke, Sprachen,
Codes und Bezeichnungen.Netzkunst beschäftigt sich mit den Beziehungen
zwischen den Elementen und Bedingungen des Netz(Werk)s.
Beispiel:
an einem Ort X findet ein Ereignis statt, welches ins Internet gestreamt
wird: der Künstler/die Künstlerin wird sich mit den in der
Streamingsoftware enthaltenen Codes beschäftigen, mit den
Bezeichnungen/Ausdrücken/Sprachen des Ereignisses selbst, dem Ort, der
Bildsprache, der akustischen Wahrnehmung, der Distributionswege, der
Besitzverhältnisse, der Zeitverschiebungen, der optischen Bedingungen, der
gesellschaftlichen Bedingungen, der ökonomischen Bedingungen, der
Adressaten, der Interpreten, der Veranstalter, ...
02
Technik (Streaming Media) benötigt Spezialisten: für Akustik, Optik,
Software, Hardware, Distribution, Verwaltung, Interpretation,
Programmierung,....und für das Vernetzen der Spezialisten an sich: den
Künstler/die Künstlerin. Es wäre jedoch töricht zu meinen, Netzkunst habe
nur etwas mit "vernetzen" zu tun.
03
Um Kunst im Netz und Netzkunst zu unterscheiden merke Dir:
Netzkunst bringt nicht den Browser zum zappeln sondern das Netz zum
wackeln
04
Streaming Media fällt hinter die Videokunst/Fernsehen zurück, wenn damit
die "live" Übertragung eines Ereignisses via Internet gemeint ist. Kein
Medium ist nun einmal so "live" wie das LIFE. Es ist eine ideologische
Verdrehung zu meinen, dass Netz wäre authentischer als bsp. Fotografie. -
media is message.
05
Eine weitere wirklich gefährliche Illusion ist, in diesem Zusammenhang das
(Inter)Netz außerhalb der Gesellschaft definieren zu wollen - als Freiraum
oder noch schlimmer: zu erwarten das durch das Internet die Gesellschaft
sozusagen "ästhetisch"/esoterisch revolutioniert werden könnte. Damit
wären wir wieder beim deutschen Idealismus / der Kunstgeschichte.
06
Gerade die physische Struktur des Netzes ( Speichermedien,
Übertragungswege etc. ) bestimmen heute dessen ästhetische Ausdruckformen
( HTML, JAVA....etc)
07
Kunstproduktion hing schon immer an der Auseinandersetzung mit dem
Material - insofern kann es Kunst im Netz geben, die durchaus nichts mit
Netz(Werk)en bzw. Netzkunst zu tun hat.
08
Die Übertragung von Maschinensprache auf gesellschaftliche
Abläufe/Apperzeption ( genetischer Code - Computer Code - System Theorie )
ist bestenfalls sprachliche Unbeholfenheit, wenn nicht sogar konservative
Kacke.
09
Denk immer daran: Erst der Interpreter macht das Ereignis.
10
Netzkunst bedeutet klar und verständlich in jeder Kommunikationssituation
zu agieren. Es gilt nicht, Bedeutungen und Beziehungsgeflechte zu
verstecken, sondern das Konzept "unsichtbare Hirachien" zu liquidieren.
11
In der Netzkunst gibt es weder "KünstlerInnen" noch "PhilosophInnen",
"Intelektuelle", "KritikerInnen". Dies bedeutet Beweglichkeit und
widersetzt sich Klassifikationen und Zwängen eines stabilen, trägen
(Zwangs)System.
12
Netzkunst bedeutet permanente Selbstkontrolle bei jeder Handlung, durch
Exponieren und Bearbeiten der Arbeitbedingungen und Machtstrukturen vor
einem selbst und dem Publikum, durch exakte Analyse der situation des
konkreten Projektsund ein Aufzeigen der Abhängigkeitsverhältnisse, ohne
jedoch dieses Bewusstsein eines Prozesses zur blossen Stilübung werden zu
lassen.
13
Ein wesentlicher Zug der Netzkunst ist ihre mündliche und schriftliche
Tradition, die mit anderen Translationsformen, Methoden und Möglichkeiten,
im kulturellen Gedächtnis aufzuscheinen, verbunden ist. Man kann sagen,
dass Netzkunst ausgetauscht wird wie Geschenke. Sie gehört all jenen, die
sich ihrer bedienen. Sie existiert jenseits von AutorInnenschaft und
Genre-Fixiertheit.
14
Identität, als Annahme bei gleichzeitiger Ablehnung der Identität oder
gesellschaftlichen Rolle, als taktisches Gebilde der Netzkunst, das nicht
essentialistisch gedacht wird, sondern als Konstruktion von
Partikularitäten politisch handlungsfähig macht - Gayatari C. Spivak
spricht von "strategischem Essentialismus", Juliane Rebentisch von einem
"strategischen Provisorium" -, kann sich sehr schnell in fesselnde
Fixiertheit wandeln. Allgemein gesprochen ist Netzkunst jedoch nicht für
oder gegen das "Individuum" gerichtet, sondern sie ist eher Kampf gegen
das, was Foucault "Regieren durch Individualisieren" nennt.
15
Es gilt nicht zu vergessen, dass Netzkunst mit Figuren wie Selbstbefragung
und Kontemplation nicht vereinbar ist. Netzkunst ist immer Angriff,
Einfall, Eindringen in feindliche Territorien mit dem Ziel der Eroberung.
Es geht auch nicht darum, Plätze oder Positionen zu erkämpfen, sondern
Veränderung kann nur dann eintreten, wenn die Umstände, unter denen die
Vergabe von Positionen stattfindet, bearbeitet werden. Netzkunst ist also
die Kunst des Krieges, die Kunst des Widerstandes, der Invasion und der
Abtrennung. Handlungsfähige künstlerische Praktiken basieren in ihren
kriegerischen Strategien auf der Präsenz von Vielheiten, Tonalität,
Kontextualität und Nicht-Adäquatheit. Netzkunst baut keine Festungen oder
ewigwährende Institutionen, ist aber genausowenig Fastfood oder
Papiertaschentuch: Netzkunst ist das Aufblitzen eines Säbels, ein direkter
Blick, ein ausströmendes Aroma, eine unversöhnliche Umarmung.
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