das ende der nahrungskette on Sun, 30 Mar 2003 05:12:42 +0200 (CEST) |
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[rohrpost] Keimfreier Sonntag / Andromeda |
Für Wienerinnen und Wiener: ======================================= KEIMFREIER SONNTAG im monochrom Raum, Museumsquartier (http://quartier21.mqw.at/uebersichtsplan/index.html ) 30. März 2003 // Um 19 Uhr. Wir zeigen den Spielfilm: The Andromeda Strain / Andromeda - Tödlicher Staub aus dem All (USA 1971; Regie: Robert Wise; Buch: Nelson Gidding nach einem Roman von Michael Crichton; mit Arthur Hill, David Wayne, James Olson, Kate Reid; 124 min.) Vortrag von Michael Palm. "Saures Blut" Ein Axiom der Biologie besagt, dass all das Leben sei, was der zirkulären Logik des Stoffwechsels, also der Ökonomie von Nahrungsaufnahme und Ausscheidung innerhalb eines bestimmten Milieus, folgt. Der Mikro-Organismus (Codename: Andromeda), der von einer terrestrischen Raumkapsel aus dem Weltall eingeschleppt wird und die Bevölkerung eines kleinen Dorfes nahezu ausrottet, versetzt dieses Leitbild schlagartig in Bewegung: Andromeda vermag sich jeder Umgebung perfekt anzupassen, frisst parasitär in sich hinein, ohne auszuscheiden, hinterlässt keinen Dreck und ist dennoch weder Vampir, Virus oder tote Materie. Es lebt. In einem absolut keimfreien unterirdischen Laboratorium versuchen vier Naturwissenschaftler, Status und Verhalten von Andromeda zu fixieren und kontrollierbar zu machen. The Andromeda Strain mobilisiert in seinem zwischen Politthriller, wissenschaftlichem Lehrfilm und Invasionsstreifen angelegten Investigationsplot eine Reihe von erkenntnistheoretischen Fragen, die sich nicht nur an den fremden Organismus aus dem All, sondern auch an die immanenten Voraussetzungen der Dispositive des klinischen Blicks richten. So nötigt allein das Verhalten der Mikrobe dazu, eine Annahme der klassisch-aufklärerischen Wissenschaft als positivistische wissenschaftliche Fiktion, als Science Fiction, zu erkennen: dass nämlich unter idealen Beobachtungsbedingungen das Untersuchungsobjekt in seiner wahren Existenz empirisch sich festmachen ließe und unbeeinflusst vom Modus der Beobachtung determinierbar sei. Bald lautet die Frage deshalb nicht mehr: "Wieso stirbt der menschliche Körper an Andromeda?" sondern "Wieso kann man mit dem fremden Organismus im Leib überleben?", denn die Mikrobe entkommt durch vitalistische Mutationen dem Erkenntnisprogramm und zwingt die Wissenschaftler zur Modifizierung der Paradigmen des Lebendigen. Demnach ist es nur konsequent, wenn das klassische Problem "Was ist (das)?" abgelöst wird vom am Ende des Films geäußerten "Was können wir tun?". Was könnte eine utopische Wissenschaft sein, eine Bio-Logie, die von den Bewegungen des Lebendigen durchdrungen ist? Und: Welche Bilder denkbaren Lebens liefert The Andromeda Strain abgesehen davon, dass dieses womöglich prinzipiell parasitär und chaotisch ist wie der Staub aus dem All, der keinen Schmutz hinterlässt? (Michael Palm) http://www.monochrom.at/projektion/ ------------------------------------------------------- rohrpost - deutschsprachige Liste zur Kultur digitaler Medien und Netze Archiv: http://www.nettime.org/rohrpost http://post.openoffice.de/pipermail/rohrpost/ Ent/Subskribieren: http://post.openoffice.de/cgi-bin/mailman/listinfo/rohrpost/