Krystian Woznicki on 23 Jul 2001 07:58:32 -0000


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[rohrpost] G8 Gipfel & Love Parade


Hi,

die FAZ fragt was Globalisierungsgegner und Raver gemeinsam haben.

Gruss,

Krystian

- http://www.berlinergazette.de


Heute auf dem Menü: Konsum, gewürzt mit Kapitalismuskritik

Die Loveparade und die Proteste von Jugendlichen beim G8-Gipfel in Genua 
weisen nach Ansicht von Jugendforschern Parallelen auf. Bei der Jugend 
lebten zwei Seelen in einer Brust - „auf der einen Seite die 
Ultra-Konsumanhänger, auf der anderen die Turbo-Kapitalismusgegner“, sagt 
der Hamburger Freizeitforscher Horst W. Opaschowski.

Die Demonstranten beim G8-Gipfel in Genua als auch die feiernden 
Techno-Freaks in Berlin vereine die nüchterne Erkenntnis, dass die 
Globalisierung nicht mehr aufzuhalten sei. Ähnlich sieht dies der 
Bielefelder Pädagoge Wilfried Ferchhoff. Während auf der Loveparade „die 
Sonnenseiten des Kapitalismus“ gefeiert würden, wiesen die jugendlichen 
Protestierer in Italien auf die „Schattenseiten“ der Entwicklung hin.

Furcht vor dem Verlust von Wohlstand

Opaschowski ergänzt: „Die Loveparade-Anhänger empfinden die Globalisierung 
als Befreiung, die Demonstranten in Genua verbinden mit dem Weltmarkt vor 
allem Angstgefühle.“ Auch dies sei typisch für die junge Generation. 
Einerseits fasziniere sie die Globalisierung und ihr unerschöpflicher Markt 
von Möglichkeiten. Andererseits fürchteten sie, zu den 
„Wohlstandsverlierern“ zu gehören und zum Beispiel in der Arbeitslosigkeit 
zu landen.

Nach Ansicht Ferchhoffs knüpfen die Proteste beim G8-Treffen an die 
Studentenbewegung der 60er, die Friedensbewegung der 70er und die
Ökologiebewegung der 80er Jahre an. Den Reiz der Loveparade sieht er 
hingegen vor allem im Zusammentreffen unterschiedlicher Jugendszenen.

Der Techno-Umzug biete ein „Gemeinschaftsgefühl auf Zeit“. Kaum ein anderes 
Großereignis habe heute noch solch einen verbindenden Charakter. Doch noch 
etwas anderes macht die Beliebtheit des Mega-Events aus. „Bei der 
Loveparade wird einfach alles geboten, was sehr viel Spaß macht. Sie bietet 
Erlebnis und ist gegenwartsorientiert“, erläutert Ferchhoff.

Bei Drogen liegen die Gefahren im Mischkonsum

Auch die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), 
hält die Loveparade für ein wichtiges Element der Jugendkultur. Dies dürfe 
nicht nur mit Drogen in Zusammenhang gebracht werden. Drogen seien 
mittlerweile überall dort, wo sich Jugendliche aufhielten. „Das ist bei 
Parties in ländlichen Gebieten ebenso der Fall wie auf Großereignissen“, 
sagte sie. Allerdings räumte sie ein, dass die Party-Szene in besonderer 
Weise durch Drogen gefährdet sei. „Hier liegen besonders riskante 
Konsummuster vor.“ Gefahren lägen vor allem im „Mischkonsum“, wenn etwa 
Ecstasy und Alkohol durcheinander genommen würden.

Laut Opaschowski hat die Jugend heute „viele Gesichter“. „Die Jugendlichen 
leben in einer Welt voller Möglichkeiten und sind selbst multioptionale 
Konsumenten“, betont der Leiter des Freizeit-Forschungsinstituts der 
British American Tobacco in Hamburg. „Im Sommer aktiv mit Greenpeace gegen 
Walfischfang demonstrieren, im Winter mit dem Snowboard die Pisten 
runterbrettern - nichts ist unmöglich.“ Die Welt werde als „Speisekarte“ 
betrachtet, „aus der sich jeder sein individuelles Menü zusammenstellt“. 
Dies könne mal politisch motiviert und mal nur konsumorientiert sein.


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